Grünen-Fraktionschefin:"Ich bin dafür, die Pflegeversicherung aufzugeben"

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Wegen der massiven Finanzprobleme stellt Katrin Göring-Eckardt die Versicherung in Frage. Die Leistungen sollen aber erhalten bleiben.

"Ich bin dafür, die Pflegeversicherung in ihrer bisherigen Form aufzugeben", sagte die Grünen-Fraktionsvorsitzende im Bundestag der Berliner Zeitung.

Die Einführung der gesetzlichen Pflegeversicherung im Jahre 1995 sei ein politischer Fehler gewesen. "Wir müssen ernsthaft darüber diskutieren, ob wir sie behalten sollten."

Göring-Eckardt betonte, dass es bei ihrem Vorstoß nicht darum gehe, die Leistungen der Pflegeversicherung pauschal abzuschaffen.

Vielmehr sollten die direkten Pflegeleistungen künftig von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden. Weitere Unterstützungen wie etwa Haushaltsleistungen würde dann die Sozialhilfe übernehmen.

Nach den Vorstellungen der Grünen könnten auf diesem Weg die Verwaltungskosten deutlich gesenkt und die Effizienz des Pflegesystems insgesamt verbessert werden.

Bundessozialministerium gibt contra

Das SPD-geführte Bundessozialministerium stellte sich gegen die weit reichenden Forderungen der Grünen-Fraktionschefin. "Für die Vorschläge von Göring-Eckardt sehen wir keine Mehrheit in der Koalition", sagte eine Ministeriumssprecherin.

Die Pflegeversicherung funktioniere gut. Sie habe sich zur "Jobmaschine" entwickelt und Ende vergangenen Jahres immer noch über ein solides Finanzpolster von rund fünf Milliarden Euro verfügt.

Auch die SPD-Fraktion und der Sozialverband VdK stellten sich hinter das bisherige System. Ende August wird die Rürup-Kommission zur Reform der Sozialsysteme ihre Vorstellungen zur Zukunft der Pflege veröffentlichen.

SPD-Fraktionsvize Gudrun Schaich-Walch teilte am Mittwoch in Berlin mit, "nach Rücksprache mit dem Koalitionspartner" bestehe Einigkeit, dass die Pflegeversicherung "als fünfte Säule der sozialen Sicherung erhalten bleiben muss". Sie stehe trotz der Verluste in Millionenhöhe auf einem soliden finanziellen Fundament.

Erben sollen stärker an Kosten der Altenpflege beteiligt werden

Hintergrund der Forderung von Göring-Eckardt ist die drohende Kostenlawine bei der gesetzlichen Pflege. Im vergangenen Jahr hatte die Pflegekasse ein Minus von fast 400 Millionen Euro und damit das größte Defizit seit ihrer Gründung vor acht Jahren eingefahren.

Ohne einschneidende Kosteneinsparungen ist der derzeit geltende Beitragssatz von 1,7 Prozent Experten zufolge schon in Kürze nicht mehr zu halten. So hatte die Rürup-Kommission zur Reform der Sozialsysteme bereits mehrfach auf den Reformbedarf hingewiesen.

Göring-Eckardt hatte weiter dafür plädierte, in Zukunft die heutige Rentnergeneration und dabei insbesondere Besitzer großer Erbschaften stärker an den Kosten der häuslichen oder stationären Pflege zu beteiligen. "Die Pflegeversicherung darf nicht weiter so eine Art Erbenschutzversicherung sein."

Es sei absurd, dass große Vermögen zur Finanzierung der Pflege derzeit nicht angetastet würden und stattdessen die Solidargemeinschaft dafür aufkommen müsse.

FDP für Pflegereform

Die FDP stellte sich zwar hinter die Forderung nach einer Pflegereform, verlangte aber die völlige Umstellung auf eine Kapitaldeckung. Der Vorschlag der Grünen, Kranken- und Pflegeversicherung zusammenzulegen, sei "der falsche Weg".

Der Vorsitzende der CDU-Sozialausschüsse, Hermann-Josef Arentz, sagte der Würzburger "Tagespost", die jetzige Bundesregierung sei selbst dafür verantwortlich, dass es überhaupt zu den Defiziten gekommen sei. Seit 2000 seien jährlich 200 Millionen Euro weniger in die Pflegeversicherung geflossen, weil die Einzahlungen für Langzeitarbeitslose herausgenommen worden seien.

(sueddeutsche.de/dpa)

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