Große Koalition:Bundeskabinett beschließt Gesundheitsreform

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Nach einem Jahr Streit hat sich die schwarz-rote Regierung heute endgültig auf den Entwurf zur Gesundheitsreform geeinigt. Am Freitag soll das umstrittene Gesetzeswerk erstmals offiziell im Bundestag beraten werden.

Kritiker in Verbänden und auch in den Koalitionsfraktionen hoffen nun, die Reform noch korrigieren zu können. Sonst drohten schlimme Folgen, sagte der Chef der Barmer-Ersatzkasse, Johannes Vöcking: "Ganz am Ende könnte stehen: Wer arm ist, muss früher sterben."

Ziel der Regierung ist es, mit dem "Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der GKV" die Gesundheitsversorgung aller Menschen in Deutschland unabhängig von deren Einkommen auf der Höhe des medizinischen Fortschritts zu sichern.

Kernpunkte sind die Einführung eines Gesundheitsfonds 2009 und die neue Möglichkeit der Krankenkassen, einen Zusatzbeitrag neben dem normalen, vom Arbeitgeber mitbezahlten Kassenbeitrag zu erheben. Außerdem sollen die gesetzlich Versicherten mehr Wahlmöglichkeiten bekommen und Privatversicherte mehr Chancen, den Versicherer zu wechseln. Die Reform soll am 1. April 2007 in Kraft treten.

"Abkehr von der solidarischen Finanzierung"

Fast alle Betroffenen im Gesundheitswesen lehnen die Reform jedoch ab. Kritiker verweisen darauf, dass der Fonds die Finanzierungsprobleme nicht löst, dass die Beiträge schon 2007 um mindestens 0,5 Prozentpunkte steigen und trotzdem das Geld für die Versorgung auf Dauer nicht ausreichen wird.

Barmer-Chef Johannes Vöcking sagte der Chemnitzer Freien Presse, die Patienten müssten sich darauf einstellen, "erheblich stärker als bisher an den Gesundheitskosten beteiligt zu werden". Die medizinische Betreuung werde mehr und mehr einkommensabhängig, zu Lasten der Armen.

Die Reform bedeute die Abkehr von der solidarischen Finanzierung des Systems. Denn beim Gesundheitsfonds werde der Arbeitgeberanteil eingefroren und der Versicherungsbeitrag von der Politik bestimmt. Damit drohe eine Einheitsversicherung auf unterem Niveau. Zusatzleistung lägen in der Hand des Einzelnen. Dann gebe es ein Versicherungssystem mit zehn oder 20 Klassen, je nach Geldbeutel, sagte Vöcking.

Kliniken für höheren Steuerzuschuss

Auch die Deutsche Krankenhausgesellschaft äußerte sich erneut kritisch und forderte "grundlegende" Korrekturen im parlamentarischen Verfahren. Konkret verlangte der Klinikverband, mehr Steuergeld als geplant für das Gesundheitswesen zur Verfügung zu stellen. Angesichts der unerwarteten Steuermehreinnahmen sei dies möglich, erklärte DKG-Präsident Rudolf Kösters.

Die Koalition hatte verabredet, den Bundeszuschuss von in diesem Jahr 4,2 Milliarden Euro 2007 und 2008 auf 1,5 Milliarden zu senken. 2009 soll er dann bei drei Milliarden liegen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte aber gesagt, wenn die Steuereinnahmen gegen Jahresende weiter stiegen, könne die Kürzung unter Umständen zurückgenommen werden. Man solle die Kanzlerin beim Wort nehmen, meinte Kösters.

Die Krankenhausgesellschaft versucht damit auch, die mit der Gesundheitsreform verbundenen Einschnitte für Kliniken abzuwenden. Dieser summieren sich nach Berechnung der DKG auf insgesamt eine Milliarde Euro. Hinzu kämen 500 Millionen Euro Mehrkosten durch die Erhöhung der Mehrwertsteuer.

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