Großbritannien:Schwere Schlappe für Blair

Tony Blair musste in den vergangenen Monaten bereits einige Rückschläge einstecken. Jetzt hat er zum ersten Mal in seiner Amtszeit eine Abstimmung im Parlament verloren. Er ist mit seinen Plänen für ein verschärftes Anti-Terror-Gesetz an der eigenen Fraktion gescheitert.

Die Regierungsvorlage, die eine Ausweitung der möglichen Haftzeit ohne Gerichtsverfahren auf 90 Tage vorsah, wurde am Mittwoch im Unterhaus mit 322 gegen 291 Stimmen abgelehnt. Dies wurde als umso schwerere Niederlage für Blair gewertet, als Labour über eine parlamentarische Mehrheit von rund 60 Mandaten verfügt.

Anschließend entschieden die Abgeordneten in einer zweiten Abstimmung, die Möglichkeit der Inhaftierung ohne Prozess von derzeit 14 auf 28 Tage auszuweiten. Diesen Kompromiss hatten zahlreiche Parlamentarier schon seit Tagen gefordert. Blair wollte beim geplanten Zeitraum von 90 Tagen jedoch nicht nachgeben.

Schon beim ersten Votum über die Vorlage am Mittwoch vergangener Woche hatte die Regierung mit nur einer Stimme Mehrheit die Oberhand behalten. Angesichts dieses Widerstands zeigte Innenminister Charles Clarke Kompromissbereitschaft.

Alle Mann an Bord

So sollte ein Richter die Inhaftierung alle sieben Tage überprüfen. Zudem sollte die 90-Tage-Regelung nach einem Jahr automatisch auslaufen, wenn sie nicht vom Unterhaus verlängert wird. Die Mehrheit der Abgeordneten ließ sich davon jedoch nicht von ihrer Ablehnung abbringen.

Um sich alle nur möglichen Stimmen zu sichern, rief Blair Außenminister Jack Straw und Schatzkanzler Gordon Brown von Auslandsreisen zurück. Straw beendete einen Besuch im Auftrag der EU in Russland vorzeitig, Brown kehrte aus dem Nahen Osten zurück.

Der Schatzkanzler, der innerparteilich großen Einfluss hat, erklärte, es handele sich um eine Frage von "außerordentlicher Wichtigkeit für das Land". Labour-Geschäftsführer Ian McCartney erschien ebenfalls zur Abstimmung, obwohl er sich noch von einer Herzoperation erholen muss.

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