Grenzkontrollen:Viele kleine Niederlagen

Wird der Plan der Belgier wahr, rückt Europa wieder etwas weiter weg.

Von Ronen Steinke

Terror verändert das Zusammenleben der Menschen genau so weit, wie sie es zulassen. Wird der Plan der Belgier wahr, wäre das ein kleiner, aber ein bedrückender Einschnitt: Passkontrollen bei jeder Fahrt von Brüssel nach Paris. Es wäre ein weiterer Abschied von der Selbstverständlichkeit, mit der eine Generation ihren Kontinent als offensten der Erde kennengelernt hat, mit Interrail und Erasmus. Es wäre ein Rückschritt nicht für etwas so Banales wie Komfort, sondern für einen way of life, der Islamisten wie Nationalisten missfällt.

Nach seiner Bluttat am Berliner Breitscheidplatz konnte der Attentäter über die Niederlande und Frankreich nach Italien fliehen. Sämtliche Sicherheitsbehörden waren ahnungslos. Der Trick des Berlin-Attentäters: Er fuhr Regionalzug. Da braucht man, anders als etwa in französischen Schnellzügen, keine namentlich gekennzeichnete Platzkarte. Es stimmt: Eine solche Flucht würde schwieriger, wenn wieder Pässe kontrolliert würden, bevor ein Zugreisender eine EU-Binnengrenze überquert, wie es jetzt der belgische Innenminister vorschlägt.

Aber wenn Nationalisten wie der Ungar Orbán nach der Rückkehr der Schlagbäume rufen, dann ist das Schaurige an so einem Rollback-Szenario gleich erkennbar. Wenn die multikulturellen Belgier "nur" digitale Passkontrollen vorschlagen, ist das technisch smarter, eine Niederlage für Europas Werte wäre es trotzdem.

© SZ vom 03.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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