Glosse:Das Streiflicht

Lesezeit: 2 min

(SZ) Wiegt Besitz zu schwer, muss man ihn loswerden. Nichts bietet sich da mehr an, als seinen persönlichen Müll geschickt zum Präsent umzudeklarieren und ihn vor der Haustür abzuladen. Ein kleines Schild danebenstellen: "zu verschenken". Ein Tintenstrahlfaxgerät von Canon, Typ JX 210 P, Stühle mit ein bis drei Beinen, ein Mixer von 1972, Reiseführer für Äquatorialguinea, ein Dirndl, das sich niemals ganz von den Folgen eines langen Oktoberfestbesuches erholte - wer will so was nicht haben? Mit einem Mal blickt der Findende ganz anders auf die Welt und seine Mitmenschen. Diese sind gar keine lärmenden Egoisten, nein, es handelt sich um aufopferungsvolle Altruisten, die bereit sind, ihr halbes Leben zu geben. Wer hätte gedacht, dass der Querulant aus dem vierten Stock so großzügig ist und seinen Orchideen-Ratgeber der Allgemeinheit zur Verfügung stellt? Auch der Gebende ist glücklich: Wer hätte gedacht, dass irgendeiner Emil die Schildkröte mitnimmt und einem den Gang zum Wertstoffhof erspart? Win- win, denkt er sich, als er sich morgens um drei seiner historischen Whiskyflaschen-Sammlung aus den Lebensphasen Urlaubssemester, Scheidung und Urlaub entledigt: zu verschenken.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: