Glosse:Das Streiflicht

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(SZ) Wenn Männer oder Frauen, die Großes geschaffen haben, den Weg allen Fleisches gegangen sind, bietet sich ein respektvoller Blick auf ihr Werk an. Margaret Vinci Heldt hat derart Großes hinterlassen, dass der Blick auf ihre Schöpfung beinahe zur Verrenkung führt: Margaret Vinci Heldt erfand in den Sechzigerjahren nämlich die Bienenstockfrisur, und nun ist Frau Heldt mit 98 Jahren gestorben. Gerne möchte man im Furor der Gefühlsübermacht ausrufen: "Und mit ihr starb die Bienenstockfrisur." Aber das wäre nicht die Wahrheit, denn die Bienenstockfrisur hat ihre Schöpferin überlebt und wird auch kommenden Generationen Kopfzerbrechen bereiten. Aber bevor wir einen Blick in die wechselvolle Geschichte dieser besonderen Haartracht werfen, kurz ein technischer Hinweis: Menschliche Haare besitzen von Natur aus die Eigenschaft, nach unten zu fallen, genau wie der schicksalhafte Mensch selbst. Deshalb ist die Bienenstockfrisur auch ein Versuch gewesen, der fallenden Menschheit wieder ein Gefühl der Erhabenheit zurückzugeben. Aber wie löst man dieses Problem mit verständiger Hand? Um der kühnen Frisur dauerhaften Halt zu geben, ging Frau Heldt wie folgt vor: Sie baute direkt über dem Schädel der zu Frisierenden das Skelett eines Walfischbabys auf, um ein solides Gerüst zu haben. Das Skelett verkleidete sie mit alten Fledermausflügeln, um die sie das Haar der Kundin wickelte - fertig. So ungefähr muss es gewesen sein.

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