Das Streiflicht

(SZ) Wie es beim Reden zugeht, wie die Mechanik dieses Prozesses arbeitet, das hat Heinrich von Kleist in seinem Aufsatz "Über die allmähliche Verfertigung der Gedanken beim Reden" wunderbar herausgearbeitet. Da gibt es, schreibt er, Redner von der Sorte, deren Geist schon "vor aller Rede" mit dem Gedanken fertig ist und deswegen "bei seiner bloßen Ausdrückung" zurückbleiben muss. Andere betreiben das Reden als "wahrhaft lautes Denken". Bei ihnen ist die Sprache dann keine Fessel, kein "Hemmschuh an dem Rade des Geistes", sondern quasi ein zweites, parallel mitlaufendes Rad. Was für ein Typ von Redner ist Horst Seehofer? In der "Rundschau" des Bayerischen Fernsehens hat er jetzt etwas so gesagt, dass man nicht sicher sein konnte, ob er den Gedanken schon fertig hatte oder ob bei ihm Geist und Sprache noch unentschlossen nebeneinander herliefen. Es ging um die Finanzierung der Integration, und in diesem Zusammenhang zitierte Seehofer ein Sprichwort, das die Bayern "manchmal salopp" verwenden: "Wer anschafft, der soll auch bezahlen."