Glosse:Das Streiflicht

Lesezeit: 2 min

(SZ) Menschen, die einen Film gedreht, ein Buch geschrieben oder ein Bild gemalt haben, warten nach dem Drehen, Malen, Schreiben gespannt auf das, was Flipchart-Seelen gerne Feedback nennen. Gemeint ist natürlich die Kritik. Das Wort an sich ist schon angstumweht, und wer weiß, vielleicht ist man nach der Kritik nicht mehr derselbe Regisseur, Maler oder Dichter wie zuvor. Die Kritikkultur der alten Bundesrepublik - herrlich, wie lässig man durch diesen musealen Begriff schlendern kann - kennt ja genügend Beispiele dafür, wie sich Kritiker und Kritisierter ein Leben lang aneinander wundscheuern, vorausgesetzt, der Kritiker versetzt dem Künstler nicht schon beim ersten Mal den Todesstoß. Martin Walser - erinnert euch! - wünschte seinem Kritiker den Tod und gab diesem Wunsch in einem viel gescholtenen Roman Ausdruck. Günter Grass stellte den Kontakt mit eben diesem Kritiker spätestens dann ein, als dieser seinen letzten umfassenden Roman ver-, nein, man muss wohl sagen: zerriss. Und wie böse war der Regisseur Helmut Dietl auf all jene Zeitungsmenschen, die seinen letzten Film nicht so gut fanden wie er selbst.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: