Getöteter Brasilianer:Londoner Polizei hat Medien getäuscht

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Zwei Wochen nach den Anschlägen auf den Londoner Nahverkehr erschoss die Polizei einen Unschuldigen. Der stellvertretende Polizeichef hat das viel zu lange verschwiegen.

Vor zwei Jahren wurde ein unschuldigen Brasilianer von Polizisten in London erschossen. Jetzt steht Londons stellvertretender Polizeichef im Zentrum schwerer Vorwürfe einer Beschwerdekommission.

Londons stellvertretender Polizeichef Andy Hayman soll die Öffentlichkeit in die Irre geführt haben. (Foto: Foto: AP)

Andy Hayman habe binnen weniger Stunden gewusst, dass der 27-Jährige fälschlicherweise für einen Attentäter gehalten wurde, erklärte die Unabhängige Kommission für Beschwerden gegen die Polizei.

Hayman, der Leiter der Anti-Terror-Einheit der Londoner Polizei, habe diese Information aber bewusst vor seinen Vorgesetzten zurückgehalten und die Öffentlichkeit getäuscht, heißt es in dem Bericht.

Am Nachmittag des bewussten Tages habe Hayman vor Journalisten gesagt, Charles de Menezes habe nichts mit den fehlgeschlagenen Anschlägen einen Tag zuvor zu tun gehabt.

Einige Stunden später erhob er keinen Widerspruch gegen eine Presseveröffentlichung der Polizei, wonach unklar sei, ob der Getötete einer der Täter gewesen sei. In einem der beiden Fälle habe Hayman die Öffentlichkeit in die Irre geführt, heißt es in dem Bericht. "Er kann nicht beide widersprüchlichen Erklärungen geglaubt haben." Eine Erklärung für seine Beweggründe habe Hayman der Kommission nicht gegeben.

De Menezes verhielt sich völlig harmlos

"Niemand wurde für irgendetwas zur Verantwortung gezogen, niemand wird vor Gericht gestellt werden - der Polizei ist es erlaubt, mit Mord davonzukommmen", sagte eine Cousine von de Menezes, Patricia Armani da Silva, als Reaktion auf den Bericht der Untersuchungskommission. "Das ist ein großes Unrecht und sehr beschämend."

Die Polizei hatte ursprünglich erklärt, der Brasilianer habe durch seine unförmige Kleidung und sein panikartiges Verhalten den Verdacht erregt, er sei ein Selbstmordattentäter. Der Bericht hält fest, dass de Menezes keine unförmige Kleidung trug und sich völlig harmlos verhielt.

Den Londoner Polizeichef Ian Blair sprach die Kommission von schuldhaftem Verhalten frei. Allerdings müsse geklärt werden, warum er von wichtigen Informationen keine Kenntnis gehabt habe.

Der 27-jährige de Menezes war am 22. Juli 2005, 15 Tage nach den tödlichen Anschlägen auf den Londoner Nahverkehr und einen Tag nach weiteren Anschlagsversuchen, in der U-Bahn von Polizisten erschossen worden. Er wurde von sieben Kugeln in den Kopf getroffen.

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