Gesundheitsreform:Krebsvorsorge bleibt freiwillig

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Die Pflicht zur Teilnahme an Früherkennungsuntersuchungen wird vermutlich wieder gekippt. Der Gemeinsame Bundesausschuss von Ärzten und Krankenkassen sprach sich stattdessen für eine Beratungspflicht für drei Krebsarten aus.

Wer bestimmte Krebsvorsorgeuntersuchungen versäumt oder ablehnt, muss im Krankheitsfall auch künftig keine höheren Zuzahlungen fürchten. Kassenpatienten müssen sich allerdings einmalig von einem Arzt über Vor- und Nachteile der jeweiligen Früherkennungsuntersuchung beraten lassen.

Vorsorgeuntersuchung: Recht auf Freiwilligkeit bleibt erhalten. (Foto: Foto: AP)

Tun sie dies nicht, müssen sie im Fall einer künftigen Erkrankung höhere Zuzahlungen leisten. Auch das gilt aber nur eingeschränkt: für Frauen, die nach dem 1. April 1987 geboren sind, und Männer mit Geburtsdatum nach dem 1. April 1962.

Das entschied der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) von Ärzten und Krankenkassen, wie der GBA-Vorsitzende Rainer Hess am Freitag in Berlin mitteilte. Die Regelung gilt zunächst nur für Früherkennungsuntersuchungen von Brust-, Darm- und Gebärmutterhalskrebs. Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) muss dem GBA-Beschluss noch zustimmen, hat aber bereits ein Einvernehmen signalisiert.

Chronisch Kranke müssen derzeit höchstens ein Prozent ihres jährlichen Bruttoeinkommens an Zuzahlungen leisten, alle anderen Patienten maximal zwei Prozent.

Der Bundestag hatte im Rahmen der Gesundheitsreform eine Regelung beschlossen, nach der Patienten finanziell büßen sollten, falls sie die Vorsorgeuntersuchungen versäumten.

Wer empfohlene Vorsorgeuntersuchungen versäumt und später schwer krank wird, sollte zwei Prozent zuzahlen müssen. Der Unterschied kann im Einzellfall mehrere Hundert Euro ausmachen.

Risiken der Vorsorgeuntersuchung

Diese Regelung hat der GBA nun abgemildert und aus der verpflichtenden Untersuchung eine verpflichtende Beratung gemacht. "Weitergehende Regelungen konnten wir nicht treffen, da alle angebotenen Früherkennungsuntersuchungen durchaus auch Risiken haben", erklärte Hess. Eine Vorsorgepflicht wäre deshalb "mit ethischen Grundsätzen nicht ein Einklang zu bringen".

Jede Früherkennungsuntersuchung habe Vorteile - so etwa bei Krebs in der Regel größere Überlebenschancen - aber auch Risiken, sagte auch Bernd Metzinger vom Bundesverband der Innungskrankenkassen. Zu den Risiken gehören zum Beispiel Strahlenbelastung bei Mammographien zur Brustkrebserkennung sowie falsche Interpretation der Ergebnisse. Letztlich gebe es auch für jeden Patienten ein "Recht auf Nichtwissen".

Jeder Einzelne müsse hier für sich einen eventuellen Nutzen gegen einen eventuellen Schaden abwägen. Mit der verpflichtenden Beratung werde aber sichergestellt, dass Versicherte umfassend über Vor- und Nachteile aufgeklärt werden.

Ziel der Zwei-Prozent-Regelung der Gesundheitsministerin war, die schwachen Vorsorgequoten zu erhöhen. So nahmen 2005 nur 16 Prozent der berechtigten Männer die für sie empfohlene Krebsvorsorge wahr; bei den Frauen lag die Quote bei 48 Prozent.

Obwohl der Beschluss des Bundesausschusses dem Gesetz eigentlich zuwider läuft - Hess sprach von der "Grenze des rechtlich Zulässigen" - deutete Schmidt Zustimmung an. Sie halte den Beschluss für einen guten Kompromiss, erklärte sie in Berlin.

Das Recht auf Freiwilligkeit sei wichtig, wenn die Prävention gestärkt werden solle. Allerdings sieht Schmidt auch im Gesetz Freiwilligkeit gewahrt.

Die Festlegung der Zuzahlung auf zwei Prozent sei keine Sanktion, weil die Zwei-Prozent-Grenze grundsätzlich für alle Patienten gelte. Lediglich um die Senkung auf ein Prozent, wie sie für chronisch Kranke gilt, sei es gegangen.

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