Gespräche in Wien:Iran erstmals bei Syrienkonferenz

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Ein Kämpfer der Rebellen kurz vor einer Offensive der syrischen Regierungstruppen in der Provinz Hama. (Foto: Ammar Abdullah/Reuters)

Die USA geben ihren Widerstand gegen die Teilnahme Teherans auf.

Von Paul-Anton Krüger, Kairo

Iran wird erstmals an multilateralen Syrien-Gesprächen teilnehmen, bei denen am Freitag die Außenminister von etwa einem Dutzend Ländern in Wien über Auswege aus dem Bürgerkrieg beraten wollen. Die Sprecherin des Außenministeriums in Teheran, Marsieh Afkham, teilte mit, Außenminister Mohammed Dschawad Sarif habe eine entsprechende Einladung akzeptiert. Auch drei seiner Stellvertreter würden nach Wien reisen. Zuvor hatten die USA ihren Widerstand gegen die Teilnahme Irans aufgegeben. Man erwarte, dass Iran zu dem Treffen eingeladen werde, sagte John Kirby, der Sprecher des US-Außenministeriums, in der Nacht zum Mittwoch in Washington. Die US-Regierung hatte eine Beteiligung Irans abgelehnt, weil die Islamische Republik der wichtigste Unterstützer des Regimes von Machthaber Baschar al-Assad ist. Irans oberster Führer Ali Chamenei hatte nach der Einigung im Atomstreit weitere Verhandlungen mit den USA untersagt, dies gilt offenkundig aber nicht für multilaterale Formate.

Kirby sagte, die USA lehnten weiter die "destabilisierenden Aktivitäten" Irans in Syrien ab. Die USA würden aber anerkennen, dass "wir an einem gewissen Punkt in der auf einen politischen Übergang gerichteten Diskussion einen Dialog und ein Gespräch mit Iran haben müssen". Iran stützt das Assad-Regime mit Milliarden Dollar und Öl-Lieferungen, wichtiger aber noch mit Militärberatern der Revolutionsgarden und Tausenden Kämpfern der libanesischen Schiiten-Miliz Hisbollah, die auf Befehle aus Teheran hört. Iran soll zudem Eliteeinheiten nach Syrien verlegt haben. US-Generalstabschef Joseph Dunfordt sagte jüngst, Iran habe etwa 2000 Soldaten in Syrien im Einsatz. Der Tod mehrerer hoher iranischer Offiziere in Syrien in den vergangenen Tagen spricht dafür, dass Teheran sein militärisches Engagement nach Beginn der russischen Luftangriffe in Syrien vor vier Wochen nochmals ausgeweitet hat.

Im Kampf gegen den IS schließen die USA den Einsatz von Bodentruppen nicht mehr aus

Russland, der zweite wichtige Verbündete Assads, hatte bei Gesprächen vor einer Woche in Wien erneut darauf gedrungen, Iran einzubinden. Außenminister Sergej Lawrow hatte sich mit seinem US-Kollegen John Kerry und Vertretern Saudi-Arabiens und der Türkei getroffen. Nun sollen zudem Ägypten, Irak und Libanon teilnehmen sowie Vertreter der Europäischen Union, Frankreichs und Deutschlands. Saudi-Arabien, das mit der Türkei und anderen Golfstaaten zu den wichtigsten Unterstützern der Aufständischen in Syrien zählt, hat weiter Vorbehalte gegen eine Teilnahme Irans. Ob das Königreich als Konsequenz dem Treffen fernbleiben oder nur auf niedriger Ebene teilnehmen würde, blieb offen. Auch die vom Westen unterstützte Exilopposition lehnte Irans Teilnahme ab, weil Teheran die 2014 in Genf vereinbarten Eckpunkte für einen politischen Übergang in Syrien nicht akzeptiere.

Wichtigster Streitpunkt ist die Zukunft Assads. Der Westen ist längst abgerückt von Forderungen nach einem Rücktritt zu Beginn eines Übergangsprozesses, beharrt aber auf einem Abgang zu dessen Ende und will bis dahin die Befugnisse des Präsidenten stark beschneiden. Russland und Iran lehnen das ab. Ihrer Ansicht nach müssen zuerst alle "terroristischen Gruppen" in Syrien bekämpft werden, wozu das syrische Regime allerdings jegliche bewaffneten Aufständischen rechnet. Danach könne es Wahlen in Syrien geben, an denen aber auch Assad teilnehmen dürfen müsse.

Differenzen dürfte es auch beim Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) geben. Russland gibt zwar vor, mit seinen Luftangriffen den IS zu bekämpfen, 80 Prozent treffen aber Gebiete, in denen die Miliz nicht vertreten ist. US-Verteidigungsminister Ashton Carter hat nun im Senat angekündigt, den Einsatz gegen den IS auszuweiten. Dazu sollen Apache-Kampfhubschrauber in den Irak verlegt werden. Auch sei der Einsatz von Elitesoldaten am Boden nicht ausgeschlossen, auch nicht auf syrischem Territorium. Sie könnten beispielsweise Ziele für Luftangriffe markieren. Die USA planen derzeit eine Offensive gegen Raqqa, die Hauptstadt des IS in Syrien. Unterstützt von Luftangriffen sollen kurdische Einheiten zusammen mit arabischen Kämpfern gegen den IS im Nordosten Syriens vorrücken.

© SZ vom 29.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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