Gesetz zu Telefonüberwachung:Vorratsspeicherung von Telefondaten beschlossen

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Die Fraktionen der Großen Koalition haben das Gesetz zur Vorratsspeicherung von Telefondaten beschlossen. Heftiger Widerstand kam von Seiten der Opposition und von Berufsverbänden.

Der Bundestag hat gegen den heftigen Widerstand der Opposition die Vorratsspeicherung von Telefondaten beschlossen. Für das umstrittene Gesetz stimmten am Freitag 366 Abgeordnete, 156 votierten dagegen.

Redner von FDP, Grünen und Linkspartei warfen der Regierung vor, Deutschland zum Überwachungsstaat zu machen. Sie wollen das Gesetz gerichtlich zu Fall bringen. Ärzteverbände warnten vor Gefahren für das Vertrauensverhältnis zwischen Ärzten und Patienten.

Justizministerin Brigitte Zypries nannte die Kritik überzogen, zumal Deutschland die entsprechende EU-Richtlinie deutlich entschärft habe. Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar widersprach dem und erklärte, das verfassungsrechtlich bedenkliche Gesetz gehe in Teilen über die EU-Vorgaben hinaus.

Die Union betonte, mit der neuen Regelung sei die Verfolgung von Terroristen besser möglich.

Mit der Neuregelung wird eine EU-intern lange umstrittene Richtlinie in deutsches Recht umgesetzt. Künftig können Strafverfolger bei Verdacht auf eine schwere Straftat und mit richterlicher Genehmigung bei Telefonanbietern einsehen, wann und wie lange ihre Kunden mit wem per Telefon, Fax oder Mail Kontakt hatten.

Einige Berufsgruppen, darunter Strafverteidiger und Geistliche sind ausgenommen. Dies gilt aber nicht für Ärzte und Journalisten, die diese Ausnahme ebenfalls beanspruchen. Die Gesetzesänderung wurde über die konkrete Neuregelung hinaus zum Symbol für die strittige Abwägung zwischen Sicherheitsinteresse des Staates und Datenschutzinteresse der Bürger.

In der emotional geführten Debatte prallten die Gegensätze heftig aufeinander. Redner der Opposition überzogen Union und SPD mit Fundamentalkritik und schweren Vorwürfen. "Sie führen uns mit diesem Gesetz in den absoluten Überwachungsstaat", warf der Grünen-Rechtspolitiker Jerzy Montag der Koalition vor.

"Die Bürger werden unter Generalverdacht gestellt", kritisierte der Redner Jörg van Essen für die FDP, die gegen das Gesetz beim Bundesverfassungsgericht klagen will. Für die Linkspartei sprach der Abgeordnete Jan Korte von einem der größten Eingriffe in die Pressefreiheit, bei dem Missbrauch vorprogrammiert sei.

Zypries und der CDU-Experte Siegfried Kauder verteidigten das Gesetz als richtige Abwägung zwischen Strafverfolgung und Datenschutz, da es nur bei schweren Straftaten und mit richterlicher Genehmigung angewandt werde. Für Berufsgruppen wie Journalisten bedeute die neue Regelung sogar eine Verbesserung ihrer Rechtslage, sagte Kauder. "Wir wollen nicht den gläsernen Menschen, wir wollen den gläsernen Verbrecher."

Zypries betonte, die EU-Richtlinie sei als Reaktion auf die Anschläge auf Vorortzüge in Madrid 2004 angeregt worden, deren Urheber durch Einsicht in Telefondaten ermittelt worden seien.

Der Klinikärzteverband Marburger Bund kündigte an, er werde die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes überprüfen. Aus seiner Sicht handele es sich um eine gravierende Beeinträchtigung der ärztlichen Schweigepflicht, sagte der Vorsitzende Frank Ulrich Montgomery in Berlin.

Wie für Rechtsanwälte und Journalisten stelle das Gesetz auch für Mediziner einen schweren Eingriff in ihre Berufsausübung dar. Es werde geradezu die Axt an Grundlagen der ärztlichen Arbeit gelegt. Auch der Vorstand der Bundesärztekammer wird nach Angaben eines Sprechers über eine Verfassungsklage beraten.

Der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) protestierte wie auch Journalistenverbände gegen das Gesetz. Der Bundesverband Informationswirtschaft und Telekommunikation (Bitkom) warnte vor gravierenden Folgen.

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