Geschlechter:Annäherung bei Lohngerechtigkeit

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Die Koalition will am Donnerstag ihren Gesetzentwurf beschließen, um die Gehaltslücke zwischen Männern und Frauen zu verkleinern.

Von Constanze von Bullion, Berlin

Nach monatelangen Verhandlungen über das Gesetz für mehr Lohngerechtigkeit zwischen Männern und Frauen rückt eine Einigung näher. Am Donnerstag wollen die Spitzen der Koalition mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) im Koalitionsausschuss eine Lösung finden. Wie aus Koalitionskreisen bekannt wurde, gibt es keine grundsätzlichen Einwände mehr gegen einen Kompromiss, auch nicht in der Union. Das Entgeltgleichheitsgesetz, das die Lohnlücke zwischen den Geschlechtern verkleinern soll, war zwischen Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) und dem Kanzleramt verhandelt worden, aber auch mit Gewerkschaften und Arbeitgebern, lange erfolglos. Als wahrscheinlichste Lösung galt am Mittwoch, dass das Gesetz nun kommt - aber nur für Betriebe ohne Tarifbindung.

Wie im Koalitionsvertrag vereinbart will Familienministerin Schwesig die Lohnlücke zwischen Frauen und Männern verkleinern. Sie liegt in Deutschland, je nach Rechenart, zwischen sieben und 21 Prozent und ist eine der höchsten Europas. Um gerechtere Bezahlung durchzusetzen, sei Transparenz über die Bezahlpraxis in Betrieben nötig, so Schwesig. Ihr Gesetzentwurf sieht vor, dass alle Arbeitnehmer erfahren können, was Kollegen des anderen Geschlechts bei gleicher Leistung verdienen, im Durchschnitt und anonymisiert. In Betrieben von 500 Mitarbeitern aufwärts soll eine Berichtspflicht gelten, wie Frauen und Männer bezahlt werden.

Die Union wollte das gesamte Gesetz nur für Betriebe ab 500 Mitarbeitern. Auch Gewerkschaften sollen Einwände vorgebracht haben. Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer (BDA) warnte scharf, die Pläne gefährdeten die Tarifautonomie. Inzwischen kommen mildere Töne aus seinem Haus. "Wir teilen das Ziel der Koalition, die Bezahlung von Männern und Frauen transparent und gerecht zu gestalten", sagte ein BDA-Sprecher. Tarifverträge seien "ein wichtiger Beitrag zur Transparenz". Das zielt auf den Vorschlag, das Gesetz nur auf Betriebe ohne Tarifbindung anzuwenden. Dort werden die größten Ungerechtigkeiten vermutet. Arbeitnehmer mit Tarifvertrag aber hätten dann keinen Anspruch auf Auskunft über das Gehaltsgefüge. "Ich erwarte, dass am Donnerstag eine Lösung gefunden wird", sagte die SPD-Familienpolitikerin Carola Reimann. "Ich glaube, sonst ist das Fenster für diese Legislatur geschlossen."

© SZ vom 06.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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