Geplante Diätenerhöhung:Heftige Kritik an Koalitionsplänen

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Die geplante Diätenerhöhung stößt auf scharfen Widerstand bei Opposition und Arbeitnehmerverbänden. Der Steuerzahlerbund hält die Erhöhung der Abgeordnetengehälter schlicht für unverschämt.

Angesichts der Koalitionspläne für höhere Diäten der Bundestagsabgeordneten wird der Ruf nach einer unabhängigen Kommission lauter.

"Man muss eine strukturelle Entscheidung treffen, dass die Abgeordneten nicht selbst über ihre Bezüge entscheiden müssen", sagte der Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), Reinhard Göhner, im Fernsehsender n-tv. Entsprechend äußerte sich auch FDP-Generalsekretär Dirk Niebel in der Rhein-Neckar-Zeitung.

Göhner sagte aber auch: "Prinzipiell halte ich die Abgeordneten für unterbezahlt. Es ist zunehmend so, dass Menschen, die beruflich erfolgreich sind, nicht mehr bereit sind ins Parlament zu gehen, weil die finanziellen Opfer zu groß sind." Niebel sagte: "Abgeordnete gehören nicht dem öffentlichen Dienst an. Sie sind keine Beamten oder Angestellten einer Behörde. Deshalb müssen die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes nicht auf die Parlamentarier und ihre Bezüge übertragen werden."

Der Präsident des Bundes der Steuerzahler, Karl-Heinz Däke, nannte die Pläne eine "schlichte Unverschämtheit". Es seien "ja tatsächlich 16,4 Prozent, um die die Abgeordneten ihre Diäten innerhalb von zwei Jahren erhöhen wollen", sagte er N24. Als "ignorant und realitätsfremd" kritisierte auch Sozialverbandspräsident Gunnar Winkler das Vorhaben: "Die regierenden Parteien fordern weiter zum Sparen auf und setzen den Sozialabbau ungebremst fort." Gleichzeitig wollten sich ihre Vertreter im Bundestag ein deutliches Plus genehmigen.

Union und SPD argumentieren, dass die Diäten im November an die Vergütungen von "einfachen" Bundesrichtern und die Einkommensentwicklung im öffentlichen Dienst gekoppelt worden seien. CSU-Chef Erwin Huber verteidigte in der Passauer Neuen Presse die Anhebung der Diäten. "Wir brauchen engagierte, fleißige Abgeordnete. Wenn generell die Einkommen steigen, dann kann man auch für die Volksvertreter eine maßvolle Steigerung verantworten und rechtfertigen."

SPD-Generalsekretär Hubertus Heil sagte, die Fraktionen hätten diesen Mechanismus parteiübergreifend vereinbart, "damit eben nicht mehr die Abgeordneten jedes Mal die Hand heben müssen".

Die stellvertretende Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Arbeit und Soziales, Angelika Krüger-Leißner (SPD), hält den Zeitpunkt für die Diätenerhöhung dagegen für falsch. Deshalb habe sie in der Fraktion gegen den Beschluss gestimmt, sagte die Abgeordnete der in Erfurt erscheinenden Thüringer Allgemeine. Da bereits im vergangenen Jahr eine Diäten-Erhöhung beschlossen worden sei, sei die jetzige doch "ziemlich maßlos".

Aus der Opposition kommt heftiger Widerstand. Grünen-Parteichefin Claudia Roth sprach im Zusammenhang mit der geplanten Diätenerhöhung von einem "Selbstbedienungsladen". Der Parlamentarische Geschäftsführer Volker Beck erklärte, aus Sicht der Grünen sei eine neuerliche Diätenerhöhung die Konsequenz eines schlechten Gesetzes, das Ende 2007 gegen die Stimmen der Opposition durchgeboxt worden sei.

Sein FDP-Kollege Jörg van Essen forderte einen Systemwechsel bei der Abgeordnetenversorgung. "Es ist einfach schamlos, was da geschieht", kritisierte der Vizechef der Linksfraktion, Bodo Ramelow.

Die Parlamentarische Geschäftsführerin der Linken, Dagmar Enkelmann, warf der Koalition "Raffgier" und "Gefräßigkeit" vor. Von den Beschäftigten gerade im öffentlichen Dienst werde mit dem Verweis auf horrende Staatsschulden Augenmaß bei Löhnen und Gehältern verlangt. "Für die Koalitionäre gelten offensichtlich andere Maßstäbe", rügte Enkelmann. Fraktionschef Oskar Lafontaine rief die "Millionen von Rentnern und Arbeitslosen" dazu auf, vor dem Bundestag gegen die Diätenerhöhung zu demonstrieren.

Der Präsident des Sozialverbands VdK, Walter Hirrlinger, vermutete in den Ruhr Nachrichten" : "Die 20 Millionen Rentner werden sich nach den Diskussionen der letzten Wochen fragen, ob es möglicherweise eine Gerechtigkeitslücke in Deutschland gibt."

© dpa/Reuters/AFP/cag/ihe - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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