Geoblocking:Mit Lücken und Tücken

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Die EU-Regeln zum Geoblocking sind ein Kompromiss - aber ein guter.

Von Helmut Martin-Jung

Das Internet, heißt es, kenne keine Grenzen. Im Prinzip ist das auch richtig. Die digitale Ausgabe dieser Zeitung etwa lässt sich in Südkorea, Südafrika oder Südindien genauso herunterladen wie in Deutschland. Es ist aber keineswegs so, dass man keine Grenzen setzen könnte. Und das geschieht auch vielfach, oft zum Nachteil der Bürger. Man spricht dann von Geoblocking - blockieren also nach geografischen Grenzen. Dass die EU nun trotz vollmundiger Ankündigungen der Kommission nur einen Teil dieser künstlich geschaffenen Schranken einreißt, mögen manche kritisieren. Die neuen Regeln schaffen jedoch einen recht gut austarierten Kompromiss aus mehr Rechten für die Verbraucher und berechtigten Interessen der Wirtschaft.

An zwei Beispielen lässt sich das gut erklären. EU-Bürger können derzeit nicht einfach in jedem EU-Land online einkaufen. Zum Beispiel, weil die Betreiber von Internetshops Besucher aus Deutschland automatisch auf die deutsche Homepage umleiten. Sie erkennen ja an der Internetadresse, woher die Anfrage kommt. Das ist künftig verboten, und das ist auch richtig so. Allerdings werden die Verkäufer nicht dazu gezwungen, die bestellten Waren auch zu versenden. Aus gutem Grund: Vor allem kleinere Unternehmer wären mit verschiedenen Steuerregeln und anderen Problemen des europäischen Flickenteppichs überfordert. Das würde den Großen einen Vorteil verschaffen.

Zweites Beispiel: Ja, es ist ärgerlich, wenn am Bildschirm Meldungen erscheinen wie "Dieses Video ist in Ihrem Land nicht verfügbar." Doch einfach alles freizuschalten hieße, der Film- und Medienbranche eine wichtige Einnahmequelle wegzunehmen. Sie lebt zu einem wesentlichen Teil davon, dass zum Beispiel nicht jeder Film überall zur selben Zeit verfügbar ist und dass die Rechte national vergeben werden. Ob das auf lange Sicht so bleiben muss, ist eine andere Frage. Wollte man das ändern, bräuchte es aber auf jeden Fall eine längere Übergangszeit. Das gilt auch für Fernsehsender, die teure Übertragungsrechte für viele Inhalte oft mit nationalen Beschränkungen erwerben.

So einfach ist die Sache mit der Rechtevergabe nicht

Mit den neuen Regeln hätte die EU eigentlich prima für sich werben können. Motto: Wir tun etwas für euch Bürger, und es ist gut, wenn die Länder zusammenarbeiten. Doch leider hat die Gemeinschaft erst große Erwartungen geweckt und am Ende bloß einen Kompromiss zustandegebracht. Immerhin kann der sich durchaus sehen lassen.

Das Kommunikationsproblem rührt wohl auch daher, dass unter der Überschrift Geoblocking drei verschiedene Themen verhandelt wurden. Es ging zum einen darum, dass Abonnenten etwa eines Online-Filmdienstes diesen auch im EU-Ausland nutzen können. Das geht nun. Von zu Hause aus das Angebot für andere Länder zu nutzen funktioniert dagegen nicht - wegen der Probleme mit dem Urheberrecht und nationalen Lizenzen.

Zum anderen sollten Rundfunkbetreiber dazu verpflichtet werden, möglichst alle Sendungen EU-weit zur Verfügung zu stellen. Doch so einfach ist die Sache mit der Rechtevergabe eben nicht. Schließlich der Kompromiss beim EU-weiten Online-Shopping. Er erscheint vernünftig, muss sich aber erst bewähren. Viele Betreiber werden nach Schlupflöchern suchen, um weiter von Grenzen zu profitieren.

Deshalb ist es nicht verkehrt, dass die neuen Regeln nach zwei Jahren noch einmal überprüft werden sollen.

© SZ vom 08.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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