Genfer Abkommen:Hoffnungsschimmer in der Sackgasse

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Die wichtigsten Punkte des Abkommens von Genf, das Frieden zwischen Israelis und Palästinensern bringen soll

Von Thorsten Schmitz

(SZ vom 2.12.2003) - Die "Genfer Vereinbarung", die in den vergangenen zweieinhalb Jahren in Geheimverhandlungen zwischen linken israelischen und palästinensischen Politikern mit Unterstützung der Schweizer Regierung ausgearbeitet worden ist, sieht das Ende des Nahost-Konflikts vor. Sie wurde am Montagabend offiziell in Genf vorgestellt. Im Gegensatz zum Friedensfahrplan des Nahost-Quartetts (Vereinte Nationen, EU, USA und Russland), dem Israel und die Autonomiebehörde im Juni zugestimmt hatten, ist der bis ins letzte Detail ausgearbeitete Genfer Friedensvertrag nur ein Vorschlag, den Konflikt auf diplomatischer Ebene zu beenden. Er ist rechtlich nicht bindend. Seine Initiatoren wollen ihn als Hoffnungsschimmer verstanden wissen - als Ausweg aus der nahöstlichen Sackgasse.

Gegenseitige Anerkennung

Mit der Einwilligung in den Vertrag würden sich Israel und die Palästinenser verpflichten, keine gegenseitigen Ansprüche mehr zu stellen. Durch die Bildung eines Palästinenserstaates, auf dessen Grenzen sich beide Seite einigen, werden alle Forderungen, UN-Resolutionen und vorherigen Friedensabkommen obsolet. Einsprüche können nicht mehr geltend gemacht werden. Israel erkennt den Staat als Heimat der Palästinenser an, die Palästinenser Israel als Heimat der Juden.

Grenzziehung und Siedlungen

Israel zieht sich in 30 Monaten vollständig aus dem Gaza-Streifen und hinter die grüne Linie des Westjordanlands zurück - also die Grenzen vor Beginn des Sechs-Tage-Kriegs von 1967. Der Palästinenserstaat entsteht im Gaza-Streifen und auf etwa 98 Prozent der Fläche des Westjordanlands. Ein Großteil der etwa 220.000 jüdischen Siedler im Westjordanland wird in israelisches Kerngebiet umgesiedelt. Siedlungsblöcke wie Maale Adumim oder Gusch Etzion nahe Jerusalem werden Israel zugesprochen, die Palästinenser erhalten dafür entsprechend große Gebiete im südwestlichen Negev nahe dem Gaza-Streifen. Die Armee bleibt für drei Jahre im Jordantal stationiert. Die übrigen Grenzen des demilitarisierten Palästinenserstaates werden von einer multinationalen Truppe überwacht.

Rückkehr der Flüchtlinge

Das bisher von den Palästinensern geforderte generelle Rückkehrrecht der etwa 4,1 Millionen Flüchtlinge, die zu einem großen Teil in Jordanien und in Libanon leben, wird in der Vereinbarung nicht erwähnt. Stattdessen wird darin von der "Notwendigkeit eines beiderseitigen Abkommens zur Flüchtlingsfrage" gesprochen. Lediglich bis zu 40.000 Flüchtlinge sollen im Rahmen von Familienzusammenführungen in das heutige Staatsgebiet Israels zurückkehren dürfen. Die anderen werden finanziell entschädigt, dürfen im künftigen Palästinenserstaat oder in Drittländern wie Kanada leben.

Teilung Jerusalems

Die derzeitige israelische Hauptstadt Jerusalem wird dem Plan zufolge geteilt in eine israelische (West) und eine palästinensische (Ost) Kapitale. Die Palästinenser erhalten die Hoheit über die Altstadt und den Tempelberg, Israel behält die Kontrolle über die unterhalb des Tempelbergs befindliche Klagemauer, den jüdischen Teil der Altstadt sowie die jüdischen Stadtteile in Ost-Jerusalem. Eine internationale Beobachtergruppe garantiert Anhängern aller Glaubenrichtungen den freien Zugang zu ihren Kirchen, Moscheen und Synagogen in der Altstadt. Freilassung von Gefangenen

Alle vor Mai 1994 im Zusammenhang mit dem Nahost-Konflikt festgenommenen Gefangenen werden freigelassen, ebenso Jugendliche, Frauen und Häftlinge mit schlechter Gesundheit. Häftlinge, die nach Mai 1994 festgenommen wurden, werden innerhalb von 18 Monaten nach Inkrafttreten des Vertrags freigelassen. (Der englische Text im Internet unter www.heskem.org.il.)

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