Geheimdienste:Ärger mit dem Uran-Dossier

Lesezeit: 2 min

Unstimmigkeiten zwischen dem US-Präsidenten und der CIA: Bush erklärt, seine Angaben über Versuche der Iraker, in Afrika Uran zukaufen, seien vom Geheimdienst freigegeben. Die CIA aber will ihn vor dem Bericht aus London gewarnt haben.

Hans Leyendecker

(SZ vom 12.07.2003) - Die westlichen Geheimdienste machen sich zunehmend gegenseitig Vorwürfe, welcher Dienst welchen Anteil an den Falschaussagen über das angebliche Arsenal an Massenvernichtungswaffen im Irak hatte.

Obwohl die Beziehungen zwischen den englischen und den amerikanischen Geheimdiensten traditionell sehr eng sind, geraten die Briten auch in den USA immer mehr in die Kritik. Ihnen wird vorgeworfen, mehrere ungesicherte Behauptungen als Belege ausgegeben zu haben.

CIA-Vertreter erklärten in den vergangenen Tagen gegenüber diversen US-Medien, sie hätten im Herbst vorigen Jahres versucht, die Briten von Übertreibungen abzuhalten.

Insbesondere sollte der Auslandsnachrichtendienst MI6 den in einem Papier der Regierung Tony Blair veröffentlichten Vorwurf fallen lassen, der Irak habe versucht, im afrikanischen Staat Niger waffentaugliches Uran für sein Atomwaffenprogramm zu kaufen.

Die angebliche Niger-Spur war von einem der italienischen Geheimdienste aufgebracht worden und hatte sich metastasenartig in der Welt der Geheimen verbreitet.

Die CIA schickte den erfahrenen US-Diplomaten Joseph Wilson in den Niger, um die Hinweise zu überprüfen. Wilson fertigte nach seiner Heimkehr einen Bericht für die CIA, in dem er die Uran-Geschichte rundherum für falsch erklärte. Die angebliche Niger-Connection stellte sich später als plumpe Fälschung heraus.

Die Briten hatten zudem behauptet, der Irak habe Aluminiumröhren gekauft, die definitiv zur Anreicherung von atomwaffenfähigen Material geeignet seien. Auch da hatten einige der US-Geheimdienst-Analytiker Bedenken. Die UN-Waffeninspektoren stellten später fest, dass Bagdad die Rohre nicht für ein Waffenprogramm erworben hatte.

Hinweis auf britische Geheimdienstkreise

Trotz der Bedenken der CIA hatte Präsident George W. Bush im Januar 2003 in seinem Bericht zur Lage der Nation als Beweis für irakische Atomwaffenprogramme angeführt, dass Bagdad versucht habe, in Afrika atomwaffenfähiges Material zu kaufen.

Bush hatte in dieser Passage auf britische Geheimdienstkreise verwiesen.

Der Fernsehsender CBS berichtete am Donnerstagabend, die CIA habe vor der Bush-Rede den Nationalen Sicherheitsrat gebeten, die Afrika-Passage zu streichen.

Dennoch hatte Bush die Niger-Connection aufgenommen: "Die britische Regierung hat erfahren, dass Saddam Hussein kürzlich versucht hat, bedeutende Mengen Urans in Afrika zu kaufen", hatte er gesagt.

Der Streit eskaliert: Bushs Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice erklärte, dass die CIA die Passage gebilligt habe. Hätte die CIA gesagt, "nehmt dies aus der Rede heraus", dann wäre dies getan worden, sagte Rice.

Die Rede zur Lage der Nation sei von der CIA freigegeben worden, sagte Bush am Freitag nach seiner Ankunft in Uganda und schob damit die Verantwortung für die fehlerhaften Angaben dem Geheimdienst zu.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: