Geheimdienst:Mysteriöser Tod eines BND-Agenten

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Nach zehn Monaten sind neue Zweifel über die Todesursache von Agent Willi Leismann aufgekommen: Er soll in zahlreiche dunkle Geschäfte verwickelt gewesen sein. Steckt die albanische Mafia dahinter?

Von Hans Leyendecker

München - Selbst in der bunten Welt des Bundesnachrichtendienstes (BND) war der Agent Willi Leismann alias Willy Weitzel alias Michael Brandon eine schillernde Erscheinung: Der Geheimdienstler war einer der Drahtzieher bei dem 1994 in München aufgeflogenen und vom BND inszenierten Atomschmuggel aus Moskau.

Knapp drei Jahre später erließ das Amtsgericht München gegen ihn wegen uneidlicher Falschaussage einen Strafbefehl über 90 Tagessätze. Im Jahr 2002 wurde Liesmann dann als Resident an die deutsche Botschaft in Tirana beordert, wo er im Mai 2004 im Alter von 49 Jahren plötzlich starb.

Neue Gerüchte

Zehn Monate nach seinem Tod kursieren über den Agenten in der Szene neue Gerüchte. Das Magazin Focus nennt seinen Tod "mysteriös" und kolportiert einen "vertraulichen Hinweis" an die Sicherheitsabteilung des Dienstes, dass Liesmann möglicherweise in Albanien in "dunkle Geschäfte" verstrickt gewesen sei. "Mafiakreise hätten ihn bestochen."

Da sich Liesmann "nicht an Absprachen gehalten habe", so der Hinweis, sei er erschlagen worden. Eine Klärung der Todesumstände sei nicht mehr möglich, da Liesmann gleich eingeäschert worden sei. Ein albanischer Arzt hatte "natürlichen Tod" diagnostiziert.

Die Mutmaßungen über Liesmanns Ende wuchern auch wegen der Visa-Affäre. Zwei ehemalige Mitarbeiter der deutschen Botschaft in Tirana stehen im Verdacht, gegen Schmiergeld Visa verkauft zu haben. Die Berliner Staatsanwaltschaft ermittelt.

Bislang gibt es aber keinen seriösen Hinweis, dass der BND-Resident in Visa-Schiebereien verwickelt war. Der vertrauliche Hinweis an die Sicherheitsabteilung des BND über Liesmann stammt aus einer albanischen Quelle, die ziemlich trüb sein soll.

Doppelleben in Frauenkleidern

Traditionell ist Geheimdienstarbeit in Albanien ein recht robustes Geschäft, das Liesmann möglicherweise überfordert hat. Vor seiner Versetzung nach Tirana hatte es über die Personalentscheidung Diskussionen gegeben.

BND-Präsident August Hanning war eigentlich gegen die Berufung Liesmanns. Aber Liesmann, der trotz seiner Verstrickung in die Plutonium-Affäre in den höheren Dienst befördert worden war, fand auch Fürsprecher wie den Vize des BND. Tirana war dann aber wohl doch nicht der richtige Ort für den Agenten.

Liesmann wurde krank und er führte ein Doppelleben. In seiner Wohnung fanden BND-Mitarbeiter Frauenkleider. Der Agent, der Tarnnamen liebte, war manchmal privat als Transvestit unterwegs.

© SZ vom 7.3.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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