Geheimdienst-Affäre:Reibungslose Zusammenarbeit

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BND-Chef, Geheimdienst-Koordinator und Kanzleramtsminister der rot-grünen Regierung werden von der Vergangenheit eingeholt.

Annette Ramelsberger

Die Zusammenarbeit der drei Herren lief wie geölt: Was die drei anschoben, funktionierte. Was sie als falsch erkannten, wurde geändert. Was sie besprachen, blieb vertraulich.

Das Risiko, das die Geheimdienstarbeit im Ausland in der Regel für jede Regierung darstellt, war unter Rot-Grün auf geradezu wunderbare Weise begrenzt worden.

Einen BND-Skandal, der auch nur im entferntesten in die Nähe politischer Brisanz kam, gab es in den vergangenen sieben Jahren nicht. Denn das Triumvirat, das sich um die Arbeit der Geheimdienste insbesondere im Ausland kümmerte, bestand aus lauter Fachleuten, nicht aus Abenteurern, die James Bond spielen wollten.

Als Chef des Bundesnachrichtendienstes (BND) fungierte seit 1998 August Hanning, ein unaufgeregter, versierter Mann mit langer Erfahrung. Sein Ansprechpartner war der Koordinator für die Geheimdienste im Kanzleramt, Ernst Uhrlau, auch er ein altgedienter Geheimdienstler und lange Jahre beim Verfassungsschutz in Hamburg.

Verschwiegen und effizient

Dessen Chef wiederum war Frank-Walter Steinmeier, Leiter des Kanzleramtes und einer der verschwiegensten und effizientesten Politiker in Berlin. Wer die drei Herren und ihre Dienstauffassung kennt, weiß, dass alle drei den Krieg im Irak nicht nur aus politischer Überzeugung ablehnten. Sie hielten ihn auch für extrem gefährlich für ihre weitere Arbeit.

Insbesondere der BND-Präsident hatte noch kurz vor dem Einmarsch der Amerikaner öffentlich gewarnt, das Land könne danach zu einem Aufenthaltsort für Terroristen werden - so wie es dann auch kam.

Gleichzeitig aber war den dreien eines besonders wichtig: Sie wollten sich nicht blind und taub stellen, sprich: Die Deutschen wollten weiterhin wissen, wie sich die Lage im Irak entwickelt.

Daher wurde beschlossen, zwei BND-Leute im Irak zu belassen. Dass einer der drei nicht informiert worden wäre - das wäre angesichts ihrer engen Abstimmung über die Maßen erstaunlich. Uhrlau selbst hat in seiner Zeit im Kanzleramt gesagt, er schätze es hoch ein, dass Hanning mit offenen Karten spiele.

Nach dem Anschlag vom 11. September 2001 ging der BND offensiv Risiken bei der Nachrichtenbeschaffung ein: So befragten deutsche Geheimdienstler einen deutsch-syrischen Terrorverdächtigen in einem berüchtigten syrischen Gefängnis.

Schlagkräftiger machen

Dass der Mann klagte, er sei geschlagen worden, störte nicht. Agenten waren auch in Guantanamo und vernahmen einen in Bremen aufgewachsenen Türken, der dort inhaftiert ist. Der junge Mann sitzt noch immer ein.

Hanning, Uhrlau und Steinmeier hatten sich vorgenommen, den BND schlagkräftiger, ergebnisorientierter, nützlicher zu machen, ihn aus der Sphäre der Schlapphüte zu holen und so viel Offenheit wie möglich zu wagen.

Bis zum Herbst schien das auch gelungen zu sein. Für ihre gute Arbeit wurden die Herren allesamt befördert: Steinmeier wurde Außenminister, Hanning Staatssekretär im Innenministerium, Uhrlau neuer BND-Präsident.

Doch nun ereilen das Triumvirat im Wochentakt Horrormeldungen: Erst kam heraus, dass der BND in den neunziger Jahren Journalisten bespitzelte. Dann wurde bekannt, dass der Dienst Hinweise von Partnerdiensten nutzte, die durch Folter gewonnen worden waren.

Nun hat er die Vorwürfe am Hals, BND-Leute hätten den Amerikanern im Irak-Krieg geholfen. Und die drei Herren haben offensichtlich mehr Mühe, die Krisenbewältigung zu synchronisieren als früher ihre gemeinsame Arbeit.

© SZ vom 13.1.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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