Gefängnisse überfüllt:EU-Justizminister suchen nach Alternativen

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Die Überfüllung der Gefängnisse wird zunehmend zu einem europäischen Problem. Die Justizminister der 15 EU-Staaten und aller Beitrittsländer suchten am Samstag in Rom nach neuen Ideen, um die Zustände in den Haftanstalten zu verbessern.

Nach einem Bericht des Europaparlaments vom Frühjahr sind viele Vollzugsanstalten zudem veraltet, und Gefangene werden unmenschlich behandelt.

"Alle Länder haben überfüllte Gefängnisse", sagte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries. Sie stellte ihren Kollegen als Alternative das Projekt "Schwitzen statt sitzen" vor. Dabei ersetzt gemeinnützige Arbeit eine Haftstrafe, die abgebüßt werden müsste, wenn ein Verurteilter eine Geldstrafe nicht bezahlen kann.

"In Mecklenburg-Vorpommern beispielsweise spart dies 50 Haftplätze im Jahr", sagte die Ministerin. Griechenland baut sieben neue Gefängnisse, um dem Problem Herr zu werden. Der italienische Ressortchef und Ratsvorsitzende Roberto Castelli kündigte nach dem Treffen an: "Wir machen jetzt eine Bestandsaufnahme, um ein konkretes Bild zu bekommen."

Anstalten in Italien und Großbritannien veraltet

Das Europäische Parlament hatte bereits im Januar die Auffassung geäußert, dass die zunehmende Verhängung von Haftstrafen zur Überfüllung der Gefängnisse geführt habe. Nach den Erkenntnissen der Abgeordneten sind die Haftanstalten in Italien und Großbritannien völlig veraltet.

Auf der Insel fehlten zeitgemäße sanitäre Einrichtungen, und es hapere an der medizinischen Versorgung. Aber auch in anderen EU-Ländern - darunter in Frankreich und Deutschland - werden Gefangene dem Bericht zufolge immer wieder menschenunwürdig behandelt.

Mit der Erweiterung der Europäischen Union dürfte das Niveau der Haftanstalten in der EU weiter sinken. In Polen zum Beispiel laufen nach Medienberichten Tausende verurteilter Straftäter frei herum, weil in den hoffnungslos überfüllten Gefängnissen kein Platz mehr ist.

In Tschechien fehlten 1600 Haftplätze

In Tschechien fehlten nach Zahlen aus dem Jahr 2001 etwa 1600 Haftplätze, obwohl dort pro 100.000 Einwohner bereits 220 Menschen im Gefängnis saßen. Der EU-Durchschnitt liege bei 100 Inhaftierten pro 100.000 Einwohner, in Deutschland seien es 60.

Deutlicher Kritik der Gefangenenhilfsorganisation Amnesty International sahen sich die europäischen Innenminister ausgesetzt, die einen Tag vor den Justizministern in Rom zusammengetroffen waren. Amnesty warnte davor, Flüchtlinge und abgelehnte Asylbewerber ohne rechtlich eindeutigen Grund in Lagern einzusperren.

(sueddeutsche.de/dpa)

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