G-20-Gipfel:Neues Video von Polizeigewalt in London

Lesezeit: 2 min

Londons Polizei muss sich wegen ihres Einsatzes während des G-20-Gipfels immer weiterer Vorwürfe erwehren: Nun ist ein drittes Video aufgetaucht.

Neue Videos von Polizeiübergriffen bei Protesten zum G-20-Weltfinanzgipfel in London haben Scotland Yard ein weiteres Mal in Erklärungsnot gebracht.

Polizeieinsatz in London während des G-20-Gipfels: Insgesamt liegen 150 Beschwerden gegen das Vorgehen der Beamten vor. (Foto: Foto: Getty)

Britische Medien veröffentlichten am Sonntag Aufnahmen, auf denen ein Polizist einem Demonstranten mit einem Schild, der zur Ausrüstung der Bereitschaftspolizei gehört, auf den Kopf schlägt.

Der Mann hatte sich zuvor von dem Polizisten abgewandt und war in der zu sehenden Sequenz nicht aggressiv. Ein anderes Video zeigte, wie ein Beamter einen Demonstranten einen Kinnhaken versetzte.

Wegen weiterer Übergriffe, die auf früheren Videos zu sehen sind, waren in den vergangenen Tagen bereits zwei Polizisten suspendiert worden. Gegen einen Beamten laufen Ermittlungen wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung, nachdem ein Mann wenige Minuten nach einer Polizeiattacke tot zusammengebrochen war. Die Polizei hatte zunächst bestritten, etwas mit dem Fall zu tun zu haben.

Dann tauchte aber ein Amateurvideo auf, das einen Polizisten zeigt, der von hinten auf den Mann einschlägt und ihn zu Boden stößt. Eine Zweit-Obduktion ergab jetzt, dass der Zeitungsverkäufer an einer Unterleibsblutung starb. Die Ursachen der Blutung müssen noch geklärt werden. Die Polizei hatte Anfang April nach einer ersten Obduktion noch erklärt, der Mann sei auf natürliche Weise an den Folgen eines Herzinfarkts gestorben.

In einem zweiten Fall wurde - ebenfalls von einem Amateur - gefilmt, wie ein Polizist einer Demonstrantin ins Gesicht schlägt und sie mit einem Schlagstock verprügelt. Die Vorfälle hatten eine scharfe Diskussion über das Vorgehen der britischen Sicherheitskräfte entfacht. Dabei wurde auch an die tödlichen Schüsse der Polizei auf den Brasilianer Jean Charles de Menezes erinnert. Der 27-jährige war kurz nach den Selbstmordanschlägen in London vom 7. Juli 2005 mit sieben Schüssen in den Kopf getötet worden. Die Beamten hatten den Elektriker fälschlich für einen flüchtigen Terroristen gehalten.

Insgesamt liegen in rund 150 Fällen offizielle Beschwerden gegen das Vorgehen der Polizei beim G-20-Gipfel vor. In rund 70 der Fälle richten sich die Vorwürfe gegen ein übermäßig harsches Vorgehen der Sicherheitskräfte.

Im aktuellen Fall äußerte der Vorsitzende der unabhängigen Polizeiaufsicht, Nick Hardwick, harsche Kritik am Vorgehen der Sicherheitskräfte und forderte eine generelle Debatte im Parlament über die Erwartungen an die Polizei.

Hardwick kritisierte, dass mehrere Polizisten während des Einsatzes beim G-20-Gipfel absichtlich ihre Erkennungsnummern verborgen hätten. "Da muss man sich über die Aufsicht der Vorgesetzten ernsthaft Gedanken machen. Das ist nicht hinnehmbar. Es geht darum, Diener zu sein, nicht Herrscher", sagte er der Sonntagszeitung The Observer.

© dpa/AFP/gba/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: