Früherer RAF- Terrorist:Hafterleichterungen für Klar fraglich

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Wegen seiner neue System- und Kapitalismuskritik stehen die Hafterleichterungen für Christian Klar auf der Kippe. Viele Politiker lehnten eine Begnadigung ab.

Baden-Württembergs Justizminister Ulrich Goll (FDP) zweifelt das zuvor erstellte kriminologische Gutachten an. ,,Man kann die jüngsten Äußerungen des Gefangenen Klar durchaus im Zusammenhang mit der Frage seiner Gefährlichkeit sehen. Wir ziehen deshalb in Erwägung, das Lockerungsgutachten ergänzen zu lassen oder ein neues Gutachten in Auftrag zu geben'', sagte Goll.

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Politiker von Union und SPD lehnen eine vorzeitige Begnadigung des 54-Jährigen durch Bundespräsident Horst Köhler nach 24 Jahren Haft als undenkbar ab. Klar sei dafür nicht reif.

Das Gutachten ist eine der Bewertungen, die Köhler für seine Entscheidung über eine mögliche Begnadigung Klars heranzieht. Die Justizvollzugsanstalt Bruchsal wollte am Dienstag auf Basis des bisherigen Gutachtens den Vollzugsplan über Hafterleichterungen für Klar aufstellen, der sich aber durch Golls Äußerungen überholt haben dürfte.

Der Stuttgarter Generalstaatsanwalt Klaus Pflieger, der als Bundesanwalt nach Klar und Mohnhaupt gefahndet hatte, glaubt anders als Goll nicht, dass von Klar noch eine terroristische Bedrohung ausgeht. Keiner der 19 mittlerweile freigelassenen RAF-Terroristen sei rückfällig geworden. Es spreche viel dafür, dass auch Klar ,,nicht mehr gefährlich ist''. ,,Verwunderlich'' sei aber, dass jemand die alte Sprache aufgreife und gegen diesen Staat feindlich eingestellt sei, zugleich aber einen Gnadenakt möchte.

Klar hatte im Januar in einem Grußwort für die Rosa-Luxemburg-Konferenz eine ,,Niederlage der Pläne des Kapitalismus'' als wünschenswert bezeichnet und Europa Ausgangspunkt eines ,,imperialen Bündnisses'' genannt. Auf Bewährung entlassen werden kann Klar frühestens 2009 nach 26-jähriger Haft. CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer sagte, Klar sei für eine Begnadigung ,,nicht reif''. CSU-Generalsekretär Markus Söder attestierte, seine Äußerungen zeigten, ,,dass so ein Mann nie auf freien Fuß kommen darf''.

Klar müsse bis ans Ende seines Lebens hinter Schloss und Riegel bleiben. Unions-Vizefraktionschef Wolfgang Bosbach sagte, Klar habe sich nicht glaubwürdig vom Treiben und Gedankengut der RAF der 70er Jahre gelöst. CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla meinte, man könne ,,einfach nur mit dem Kopf schütteln, wie jemand für sich erwartet, eine Gnadenentscheidung zu bekommen, der selber politisch überhaupt uneinsichtig ist''.

FDP-Chef Guido Westerwelle sagte, Klar bleibe ein verurteilter Serienmörder, dessen Begnadigung nicht in Frage komme. Auch Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) kritisierte, Klar sei zu einer selbstkritischen Einsicht weder bereit noch fähig und verdiene keine Begnadigung.

Widerspruch kam vom früheren Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP). Klars Text sei Revolutionskauderwelsch. ,,Das klingt wie eine verwirrte Attac-Stimme'', sagte Baum. Entscheidend für die Begnadigung sei aber die Frage, ob Klar weiter für den bewaffneten Kampf eintrete. Das lasse sich aus dieser Erklärung nicht schließen.

Der SPD-Innenpolitiker Dieter Wiefelspütz warnte davor, auf die Entscheidung Köhlers Einfluss nehmen zu wollen. Grünen-Fraktionschefin Renate Künast erklärte: ,,Ich möchte nicht in der Haut des Bundespräsidenten stecken.'' Schließlich müsse Köhler vor Hinterbliebenen und Opfern rechtfertigen, warum er Gnade vor Recht ergehen lassen wolle.

© SZ vom 28. 2. 2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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