Friedensprozess unterbrochen:Trimble dämpft Hoffnung auf Frieden in Nordirland

Lesezeit: 2 min

Nach der Ankündigung des Wahltermins für die neue Regionalregierung erklärte sich die Untergrundorganisation IRA zur Entwaffnung bereit. Doch Protestantenführer David Trimble hält die Abrüstaktion für unzureichend.

(SZ vom 22.10.2003) - Der Chef der probritischen Ulster Unionist Party (UUP) in Nordirland, David Trimble, hat am Dienstag eine Abrüstungsaktion der Untergrundorganisation IRA als unzureichend bezeichnet und damit Hoffnungen auf Frieden in der britischen Unruheprovinz gedämpft. Die Zerstörung von Waffen aus dem Arsenal der IRA, die am Nachmittag bekannt gegeben worden war, sei nicht transparent genug gewesen, sagte er.

Die Entwaffnung war Teil eines umfassenden Plans, mit dem der Friedensprozess nach längerer Pause wieder in Gang gebracht werden sollte. Dabei hatte die britische Regierung angekündigt, dass die Provinzwahlen in Nordirland, die bereits im Mai fällig gewesen wären, am 26.November abgehalten werden sollen. Ob sich dies Datum nach den aufgetretenen Schwierigkeiten halten lassen wird, war am Dienstagabend noch unklar.

Mit einer sorgfältig vorbereiteten Sequenz von Erklärungen sollte dem Friedensprozess am Dienstag zu einem neuen Start verholfen werden. Die Schwierigkeiten begannen, als am Nachmittag der kanadische General John de Chastelain, Chef der unabhängigen Entwaffnungskommission, bekannt gab, dass zum dritten Mal eine Waffenzerstörung stattgefunden habe. Es sei eine "erheblich größere" Menge Waffen unschädlich gemacht worden als bei den ersten beiden Malen. Chastelain machte aber keine näheren Angaben zur Art der zerstörten Waffen.

Wie Trimble anschließend sichtlich verärgert erklärte, hat es eine klare Abmachung gegeben, dass sich dieser dritte Akt der Entwaffnung im Gegensatz zu den ersten beiden unter größerer Transparenz vollziehen sollte. Ganz offensichtlich ging es ihm darum, die Öffentlichkeit, und zwar insbesondere die protestantische, mit genauen Angaben über die Zahl und die Art des zerstörten Geräts zu beeindrucken. Es seien die Republikaner gewesen, so Trimble, die "törichterweise" den Chef der Entwaffnungskommission zu der Geheimniskrämerei gezwungen hätten.

So könne kein Vertrauen geschaffen werden, und er werde sich deshalb nicht an die vorbereitete Choreographie halten und das erwartete Statement abgeben, das ein weiteres Puzzlestück bei der Neubildung des Friedensprozesses hätte sein sollen. Stattdessen werde man in einer Woche einen Parteitag abhalten. Bis dahin hätten Republikaner und die Entwaffnungskommission Zeit, "den Schaden zu beheben, den sie an diesem Nachmittag angerichtet haben".

Der britische Premier Tony Blair, der zusammen mit seinem irischen Kollegen Bertie Ahern in Erwartung eines Durchbruchs eigens nach Belfast gereist war, äußerte sich enttäuscht über die Entwicklung. Man sei "ganz, ganz nahe" an einem historischen Tag gewesen, sagte er, nun gelte es einen Ausweg zu finden. Gerry Adams von Sinn Fein, dem politischen Arm der IRA, äußerte Zweifel, dass es kurzfristig eine neue Abmachung geben werde. Adams hatte zuvor eine Rede gehalten, die Trimble als "sehr ermutigend" empfunden hatte. Adams hatte erklärt, dass man auf Gewalt oder Drohungen künftig verzichten werde.

© Von Stefan Klein - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: