Franz Maget im Chat:"Die Menschen wollen keine Zwei-Drittel-Mehrheit"

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Er bestand darauf, selber in die Tasten zu hacken und brauchte auch sonst keinen Einflüsterer: Der Spitzenkandidat der Bayern-SPD, Franz Maget, stellte sich beim Internet-Chat den Fragen der Bürger. Nachfolgend das Transkript des Chats.

Moderator: Liebe Politik-Interessierte, herzlich willkommen im tacheles.02-Chat. Unsere Chat-Reihe tacheles.02 ist ein Format von tagesschau.de und politik-digital.de und wird unterstützt von tagesspiegel.de und jetzt auch von sueddeutsche.de. Einen schönen Gruß an die Kolleginnen und Kollegen ins schöne München! Dort sitzt auch unser Chat-Gast, der SPD-Spitzenkandidat bei der Landtagswahl in Bayern am 21.September, Franz Maget.

Franz Maget (Foto: Foto: dpa)

Mit dem Chef der Landtagsfraktion beginnt auch unser kleines "Bayern-special", das wir kommenden Dienstag mit CSU-Generalsekretär Thomas Goppel fortsetzen.

Herr Maget, kann's losgehen?

Franz Maget: ja

Moderator: Herr Maget, Sie haben dem CSU-Spitzenkandidaten und bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber vorgeworfen, er wolle die "Wähler täuschen". Stoiber wolle die Landtagswahl zur "Ersatz-Bundestagswahl" machen. Beim Zustand der rot-grünen Koalition in Berlin ist das doch kein Wunder, oder?

Franz Maget: Doch. Denn am 21. September geht es um die Zukunft Bayerns. Stoiber wird nicht Bundeskanzler werden.

Frank: Sie sagten, dass Sie sich durchaus vorstellen können, 2008 die Regierung in Bayern zu stellen. Wie wollen Sie das erreichen in einem Bundesland, das schon seit über 30 Jahren fest in der Hand der CSU ist?

Franz Maget: Durch gute politische Programme und glaubwürdige Personen.

Moderator: Dann hat es bisher an den guten politischen Programmen und glaubwürdigen Personen gefehlt?

Franz Maget: Nein. Aber an der Wechselstimmung in Bayern. Die wird kommen.

Michael Haders: Bitte beschreiben Sie in fünf Punkten, was Sie besser als das derzeitige CSU-Regime machen wollen

Franz Maget: Regime? Wir wollen bessere Schulen mit höheren Abschlüssen. Zweitens mehr Ganztagsschulen. Drittens eine bessere Förderung der benachteiligten Regionen. Viertens eine Verkleinerung der Regierung, die zu teuer und aufwändig ist und fünftens weniger Filz und Machtarroganz, sondern mehr Bürgernähe und Ehrlichkeit.

Stammbacher: Glauben sie wirklich, dass sie einen Erdrutschsieg der CSU bei dieser Wahl verhindern können?

Franz Maget: Ja. Denn die Menschen wollen keine Zweidrittelmehrheit einer Partei. Das finden die meisten grauenhaft.

Moderator: Es langt also für die SPD in Bayern als Wahlziel die Verhinderung einer Zweidrittelmehrheit?

Franz Maget: Nein. Aber das ist schon auch wichtig. Wir haben das Ziel, besser zu werden und eine gestärkte Opposition.

claudia: Herr Maget, es wurde behauptet Ihre Kolleginnen und Kollegen in der Fraktion haben es sich auf den Bänken der Opposition bequem gemacht, der Wille zum Regieren in Bayern fehle. Was sagen Sie dazu?

Franz Maget: Natürlich gibt es bei Einzelnen auch eine Oppositionsmentalität. Das gebe ich zu. Aber genau das will ich meiner Partei austreiben. Wir müssen wirklich gewinnen wollen. In München beweise ich seit Jahren, dass das auch möglich ist.

Susi: Wie bewerten Sie die Weigerung Stoibers, sich auf ein TV-Duell mit Ihnen einzulassen?

Franz Maget: Feige oder herablassend. Ich finde es eigentlich selbstverständlich, dass ein Duell stattfindet. Hat Stoiber von Schröder übrigens auch gefordert und bekommen. Die Menschen sollen sich doch ein eigenes Bild für ihre Entscheidung machen können.

bettler: In der Welt am Sonntag vom 31. August wurde mehr als eindeutig kritisiert, dass Ihr Auftritt im Englischen Garten mit Familie nichts von der Idylle einer Familie Stoiber hatte. Ist solch eine Kritik in einem Land wie Bayern nicht tödlich für den Wahlkampf?

Franz Maget: Nichts gegen die Familie Stoiber. Aber meine Frau und meine Kinder möchten nicht zu Wahlkampfzwecken instrumentalisiert werden, sondern ihre Privatspähre bewahren. Außerdem ist meine Familie sehr nett und - wie mir gesagt wird - sehr sympathisch.

Moderator: Der User "nk-mainfranken" findet Ihre Kampagne wie das TV-Duell unseriös und:

nk-mainfranken: Daneben auch den Slogan Bayern gewinnt, das ist doch sehr platt. Auch die lapidare Forderung von Ganztagesschulen soll doch wohl verunsichern. Ich halte derartige Kampagnen für wenig zielführend.

Franz Maget: Sie sind sehr anspruchsvoll! Ganztagsschulen sind von vielen gewünscht, das TV-Duell fair und der Slogan gar nicht schlecht.

bachatz: Herr Maget: Soweit mir bekannt ist, gibt es zum ersten Mal eine Kampa, welche die Aktivitäten der Bayern-SPD zur Landtagswahl bündelt. Sind Sie zufrieden?

Franz Maget: Ich sitze in der Kampa und darf keine ehrliche Antwort geben.

juergen: Wie wollen Sie Ihre Vorschläge, die sich gut anhören, finanzieren, z. B. mehr Ganztagsschulen? Das bedeutet doch auch mehr Lehrer oder wollen Sie z. B. das Deputat für Lehrer erhöhen?

Franz Maget: Das ist ein dringender gesellschaftlicher Bedarf, der gedeckt werden muss. Andere Länder, die ärmer sind, schaffen das auch. Es ist eine Frage der Prioritäten.

Dominic99: Bayern ist das Bundesland mit der wenigsten Kriminalität, der niedrigsten Verschuldung, der zweitniedrigsten Arbeitslosigkeit und den stabilsten Wachstumsraten. Wie gehen Sie als Oppositionsführer mit dieser, auf den ersten Blick doch beeindruckenden Bilanz der Regierung Stoiber um?

Moderator: Oder anders gesagt: Never Change a winning Team ...

Franz Maget: Ich rede mein Land nicht schlecht, sondern anerkenne was gut läuft und wir nicht anders machen würden. Aber ich betone auch die Punkte, die wir besser machen würden. Im übrigen. Bayern droht gegenwärtig seine Spitzenstellung zu verlieren: die Arbeitslosigkeit steigt in Bayern besonders schnell und beim Wachstum sind wir nur noch Mittelfeld.

Moderator: Auch wenn es nicht zu erwarten ist:

juergen: Mich würde interessieren, wie die Prioritäten dann gestellt werden, wenn Sie an die Regierung kämen.

Franz Maget: Bildung hat Platz eins und ein Ausbildungsplatz für jeden Jugendlichen. Als zweites Staatsvereinfachung, Bürokratieabbau und Verkleinerung der Regierung. Das spart viel Geld. Die bayerische Staatskanzlei muss nicht so groß sein wie das Weisse Haus.

Moderator: Also hinsichtlich der Größe der bayerischen Regierung gebe ich in Stoibers Worten zu bedenken: "Das reißts auch nicht heraus" - angesichts der Finanzlage, oder?

Franz Maget: Man muss die Treppe von oben kehren. Besser drei Staatssekretäre und zwanzig überflüssige Ministerialräte weniger, als beim kleinen Polizisten das Weihnachtsgeld kürzen.

Johannes: Mal angenommen, die FDP schafft den Einzug in den Landtag - würden Sie das begrüßen (quasi als Unterstützung der Oppositionsarbeit gegen die CSU), oder lehnen Sie die liberalen Konzepte so sehr ab, dass Sie die FDP deswegen draußen haben möchten?

Franz Maget: Die FDP ist eine demokratische Partei und ein Konkurrent von uns. Deshalb wünsche ich mir möglichst wenig Stimmen für diese Partei. Die FDP wird den Sprung in den Landtag nicht schaffen, die Stimmen sind also verschenkt und helfen nur der CSU.

danman225: Würde Ihnen die prognostizierte niedrige Wahlbeteiligung eher helfen oder schaden?

Franz Maget: Schaden.

Altunsuyu: Werden Sie Konsequenzen ziehen, wenn die SPD unter 20 % fallen sollte?

Franz Maget: Ich kämpfe für ein gutes Ergebnis und bin sicher, dass die SPD wesentlich besser abschneiden wird, als heute von vielen vorhergesagt. Deshalb stellt sich diese Frage nicht.

danman225: Ausgewichen!

Dominic99: Herr Maget, wollen Sie nach der Wahl Oppositionsführer bleiben, selbst wenn die SPD ein Debakel erleben sollte?

Franz Maget: Nein.

Moderator: Nein, nicht ausgewichen oder nein, es wird jemand anderes Oppositionsführer?

Franz Maget: Zu danman: Nicht ausgewichen. zu dominic: Ich rechne mit einem guten Ergebnis, auf das ich aufbauen will

Moderator: Optimismus ist bestimmt gut für die SPD, aber:

Stammbacher: Die Stimmung in Oberfranken ist aber sehr schlecht und das ist ja die Hochburg der SPD in Bayern.

Franz Maget: Ich war oft in Oberfranken. Für diese Region ist die SPD wirklich besser. Die CSU benachteiligt Oberfranken seit Jahren.

Moderator: Noch mal zum Einfluss der Bundespolitik:

Sammy: Herr Maget, ist die rot-grüne Bundespolitik Schuld an Ihrer voraussichtlichen Wahlniederlage? Oder anders gefragt: wie viele Prozentpunkte mehr hätte es ohne die Sparmaßnahmen der Regierung gegeben?

rrrrrr: Was hätte die Bundesregierung politisch anders machen sollen, um Ihre Position als Aspirant zum Ministerpräsidenten nicht zu gefährden?

Franz Maget: Ich rechne nicht mit einer Niederlage. Aber die jetzt begonnenen Reformen müssen besser erklärt und klarer formuliert werden.

Moderator: Dann hätte ich mal gerne gewusst, was für sie Niederlage und was für Sie ein - sagen wir mal respektables Ergebnis ist? Oder einfacher gefragt:

Altunsuyu: Ihre Wahlprognose?

Franz Maget: Überraschungserfolg für Bayerns SPD

Johannes: Hätten Sie manchmal nicht gern ein bisschen mehr prominente Unterstützung aus Berlin? Am Montag besuchte Gerhard Schröder gerade mal eine Textilfabrik in Unterfranken, Angela Merkel bereiste am selben Tag vier Städte, und tritt noch öfter auf. Der Kanzler aber eher selten.

Franz Maget: Ich hatte einen vielbeachteten Auftritt mit dem Kanzler in Rosenheim und war auch gestern dabei. Schröder kommt noch zweimal, dazu viele Bundesminister mehrfach. Wie gesagt: Wir haben in Bayern keine Wahlwiederholung der Bundestagswahl.

Dobmeier: Welche Änderungen werden Sie in der kommenden Gemeindesteuerreform verlangen, damit bayerische Städte wie München, Nürnberg oder Regensburg noch handlungsfähig bleiben?

Franz Maget: Es muss bei der Gewerbesteuer bleiben. Schlupflöcher, die vor allem große Konzerne nutzen können, müssen gestopft werden.

Fragen: Sind Sie auch für eine Anhebung des Rentenalters?

Franz Maget: Nein. Ich halte das vorerst nicht für sinnvoll. Viel wichtiger ist es die älteren Arbeitnehmer nicht schon mit 55 zum alten Eisen zu zählen. Wir müssen das jetzt geltende Renteneintrittsalter erreichen.

Moderator: Sie haben einmal in einem Interview gesagt, der Grund warum die SPD in Bayern so chancenlos ist, liege unter anderem an der bayerischen Mentalität. Haben die Bayern, salopp gesagt, die CSU im Blut? Das würde ich gerne ein bisschen genauer wissen.

Franz Maget: Die SPD ist in Bayern nicht chancenlos. Wir stellen mehr Oberbürgermeister als die CSU. Die CSU erweckt den Eindruck, sie allein sei für Bayern zuständig und geeignet. Diesem verfehlten Eindruck müssen wir stärker entgegentreten. Mit bodenständiger und bürgernaher Arbeit.

Moderator: Bodenständigkeit und Bürgernähe würde ich (kein Bayer) gerade mit der CSU verbinden.

Franz Maget: Eben. Das ist der Fehler. Der CSU ist gelungen dies, vorzugeben. Wir müssen uns wieder mehr um Vereine und Stammtische kümmern.

Altunsuyu: Warum soll man vor einer Zweidrittelmehrheit Angst haben? 1974 war's doch auch so? So schlimm war es doch nicht, der?

Franz Maget: Es gab noch nie eine Zweidrittelmehrheit der Sitze. Das ist entscheidend. Die Folge wäre eine krasse Einschränkung demokratischer Kontrollrechte der Opposition. Unliebsame Ausschussvorsitzende könnten leichter abgesetzt, Untersuchungsausschüsse behindert werden. Nähre Infos unter www. macht-braucht-kontrolle.de

skarbulli-spuck: Herr Maget, ist es nicht frustrierend, von den Journalisten immer wieder gefragt zu werden, warum Sie sich so eine Kandidatur überhaupt antun?

Moderator: Ja, aber ganz im Ernst: warum tut man sich so eine Kandidatur an?

Franz Maget: Manchmal schon. Ich bin nämlich stolz darauf und es macht mir trotz Anstrengung viel Spaß.

Moderator: Das war die letzte Frage, eine Stunde ist um. Herzlichen Dank an Herrn Maget, wir bedanken uns bei allen Usern für das Interesse

Noch ein Hinweis: Unser nächster Chat-Gast ist am kommenden Dienstag, 9.September, von 17.30 bis 18.30 Uhr der CSU-Generalsekretär Thomas Goppel. Einen schönen Abend wünscht allen das jetzt um sueddeutsche.de erweiterte tacheles.02-Team!

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