Frankreich:Watschen für Abwesende

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Abrechnung zwischen Salat und Schoko-Mousse: Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy soll im Elyséepalast eine böse Rede gehalten haben.

Michael Kläsgen

Nicolas Sarkozy hat sich bei einem Mittagessen mit französischen Volksvertretern über Barack Obama, Angela Merkel und andere Staatenlenker ausgelassen. Einem Bericht der Tageszeitung Libération zufolge trennt den französischen Präsidenten demnach mehr als nur eine Kopflänge Größenunterschied von seinem US-Kollegen. "Obama ist ein feinsinniger Geist, sehr intelligent und sehr charismatisch", soll Sarkozy zunächst noch eher versöhnlich beim Tomaten-Mozzarella-Salat gesagt haben.

Nicolas Sarkozy ist auf seine Amtskollegen nicht immer gut zu sprechen. (Foto: Foto: dpa)

Je näher die Schoko-Mousse rückte, desto weniger schmeichelhaft urteilte der Herr im Elysée jedoch offenbar: "Er hat noch nie ein Ministerium geleitet", soll Sarkozy festgestellt haben,und: "Es gibt einige Dinge, zu denen er keine Meinung hat." Vor allem sei Obama "nicht immer auf der Höhe, was Entscheidungen und Effizienz angeht". Zum Beispiel in Sachen Klimaschutz. "Ich habe ihm gesagt", wird Sarkozy zitiert, "ich glaube, du hast nicht ganz verstanden, was wir (in der EU) zum Thema CO2 gemacht haben. Du hast nur eine Rede gehalten, es werden auch Taten folgen müssen."

Die Weiterleitung der Zitate ist nicht rückzuverfolgen und daher nicht nachprüfbar. Der Elysée-Palast dementierte am Donnerstag sämtliche Sarkozy zugeschriebenen Äußerungen. Die Berichte darüber dürften aber von den wenigen geladenen Abgeordneten der Opposition kommen. Zwölf Abgeordnete und zwölf Senatoren hatten im November eine Arbeitsgruppe zur Finanzkrise gebildet. Im Elysée-Palast waren sie am Mittwoch, um sich über die Ergebnisse des G-20-Gipfels informieren zu lassen.

Noch vor dem Dessert soll auch die Kanzlerin ihr Fett abbekommen haben: "Als sie sich des Zustandes ihrer Banken und ihrer Autoindustrie bewusst wurde, blieb ihr nichts anderes übrig, als sich meiner Position anzuschließen", soll Sarkozy gesagt haben. Watschen gab es auch für EU-Kommissionschef José Manuel Barroso und Spaniens Premier José Luis Zapatero. Der eine sei auf dem G-20-Gipfel "total abwesend" gewesen, der andere sei "vielleicht nicht sehr intelligent".

Für Italiens Premier Silvio Berlusconi hingegen soll Sarkozy warme Worte gefunden haben. "In der Demokratie kommt es darauf an, wiedergewählt zu werden. Guckt euch Berlusconi an: Der ist schon dreimal wiedergewählt worden." Und auch er, Sarkozy, habe schon viele geschlagen, die für intelligenter gehalten worden seien als er selbst. "Das war ein 200-prozentiger Sarkozy, ziemlich nahe an seiner eigenen Karikatur", freute sich einer der Teilnehmer der Tafelrunde.

© SZ vom 17.4.2009/vw - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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