Frankreich:Neue Ziele für alte Waffen

Präsident Jacques Chirac hat Worte zur nuklearen Abschreckung gesprochen, die eingeschlagen haben.

Gerd Kröncke

Als wollte er der Nation und der ganzen Welt noch einmal zeigen, dass mit ihm weiterhin zu rechnen ist, hat Jacques Chirac auf L'Ile Longue, dem Stützpunkt der französischen Atom-U-Boote, Worte zur nuklearen Abschreckung gefunden, die eingeschlagen haben.

Frankreichs Präsident Chirac hat sich zurückgemeldet (Foto: Foto: AFP)

Die Waffen, die einst ein wichtiges Instrument des Kalten Krieges waren und dazu dienten, den gegnerischen Block einzuschüchtern, waren zwar nicht obsolet geworden. Doch es blieb immer im Unklaren, ab welcher Bedrohung der Atomschlag, zu dem es gottlob nach Hiroshima und Nagasaki nie gekommen ist, fällig werden würde.

Nachdem die überkommenen Feindbilder seit mehr als einem Jahrzehnt verloren gegangen sind, hat Jacques Chirac die alte Abschreckungsdoktrin auf einen neuen Stand gebracht. Seine Warnung geht an Terror-Staaten, die selbst in Versuchung sein könnten, Massenvernichtungsmittel einzusetzen, oder die dulden, dass Terroristen von ihrem Boden aus operieren. Dabei bleibt Chirac bewusst vage, welches Land er im Visier hat. Doch wen er meint, ist nicht schwer zu entschlüsseln, und vor dem Hintergrund der iranischen Atom-Träume ist der Zeitpunkt kein Zufall.

Ausschlaggebend für Chirac ist die Bedrohung Frankreichs, als guter Bündnispartner bezieht der Präsident aber auch die EU-Staaten mit ein. Schließlich ist Frankreich das einzige Land Europas, das über eigene Atomwaffen verfügt und, anders als Großbritannien, nicht in die Nato eingebunden ist.

In der spannungsreichen Zeit des Kalten Krieges waren potenzielle Gegner bei aller gegenseitigen Bedrohung berechenbar. Nun bleibt zu hoffen, dass die, die Chirac meint, einen Rest von Vernunft bewahrt haben.

© SZ vom 20.1.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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