Frankreich: Machtkampf der Sozialisten:Ségolène Royal will es wissen

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Erst setzt sie ihren Lebensgefährten François Hollande vor die Wohnungstür, nun macht Ségolène Royal ihm auch noch den Job streitig. Die Sozialistin will den Parteivorsitz.

Barbara Vorsamer

Am Wochenende platzte in Paris die Bombe, als ein Buch über die Karriere der unterlegenen französischen Präsidentschaftskandidatin in Auszügen veröffentlicht wurde. Darin gab Royal, 53, zum einen bekannt, dass sie sich von ihrem langjährigen Lebensgefährten, dem sozialistischen Parteivorsitzenden François Hollande, 52, trenne. Die andere Neuigkeit: Royal bestätigte, dass sie sich um den Parteivorsitz bewerben werde.

Das Buch der französischen Journalisten Christine Courcol und Thierry Masure soll am Mittwoch erscheinen: "Les Coulisses d'une défaite" ("Die Hintergründe einer Niederlage") beschäftigt sich mit der Karriere Royals und ihrer Schlappe gegen Nicolas Sarkozy bei den Präsidentschaftswahlen.

Vier Kinder, eine gemeinsame politische Überzeugung, fast drei Jahrzehnte eine enge Partnerschaft - so sah das Leben der Sozialisten Royal und François Hollande aus. Doch dann wurde Madame politisch immer stärker. Seit langem sieht sie sich auf dem Vormarsch. Und nun will sie mit Tempo und Charme an der Spitze der Sozialistischen Partei ihren Ex-Partner Hollande entthronen, der immerhin seit fast zehn Jahren Parteichef ist.

Eine Pariser Paargeschichte: Erst wirft sie ihn aus der Wohnung, und dann aus dem Chefbüro der Partei. Wenn ihr Coup glückt ...

Schwierige Verhältnisse bei Sozialisten

Die Trennung wirft ein Schlaglicht auf die schwierigen Verhältnisse bei den Sozialisten. Während der Präsidentschaftswahlen waren Gerüchte noch mühsam unterdrückt worden - nun bricht der Machtkampf in der Sozialistischen Partei (PS) mit voller Stärke aus, auch wenn diese Zusammenhänge offiziell dementiert werden.

Nein, das habe keine politischen Konsequenzen, erklärte PS-Chef Hollande am Montagmorgen in einem Radiointerview mit France Info. Es sei die Sache von Ségolène Royal gewesen, die Trennung zu verkünden. Er bestätige das nur. Eine Liebesaffäre des Sozialistenchefs mit einer Journalistin hatte den Ausschlag gegeben.

Es gebe keine Lebensgemeinschaft mehr, hatte Royal am Sonntagabend verkündet; sie wolle, dass Hollande die gemeinsame Wohnung verlasse. Der Sozialistenchef erklärte nun, er habe sich stets bemüht, das private vom politischen Leben zu trennen. Und: "Ich denke, die Dinge sind gesagt."

Wenige Minuten zuvor hatte France Inter ein Interview mit Ségolène Royal ausgestrahlt, das bereits in der vorigen Woche aufgezeichnet worden war. Darin sagte sie, angesichts der vielen Spekulationen glaube sie, es sei notwendig, "die Dinge zu klären". Und, weiter: "Ich möchte einfach nur sagen, dass wir uns entschlossen haben, nicht mehr zusammen zu sein. Wie alle Paare haben wir Probleme gekannt." Während der Wahlkampagne habe man dies ausgeklammert - auch, "um meine Kinder zu schützen". Nun beginne eine neue Etappe - und dazu solle die Wahrheit gehören.

Szenen einer Paar-Krise

Die beiden hatten sich auf politischer Ebene bereits vergangene Woche öffentlich zerstritten, als der Wahlkampf um das Parlament seinen Höhepunkt erreichte. Ihre Beziehung hielt die Konflikte nicht mehr aus. Als Spitzenpolitiker der Sozialistischen Partei - er Parteivorsitzender, sie Präsidentschaftskandidatin - war auch Privates allzu publik geworden.

Ein Streitpunkt vergangene Woche war Royals missglückter und nicht mit Hollande abgesprochener Versuch, dem Zentristen François Bayrou eine Bündniszusage abzuringen. Der Parteivorstand der Sozialisten beschloss jedoch, kein Bündnis mit Bayrou anzustreben. Hollande wiederum äußerte sich zynisch gegenüber der Presse - ein klarer Affront gegen seine Dauergefährtin Royal.

Darüber hinaus brachte sich Ségolène Royal im Wahlkampf auf eine Art und Weise ein, wie es für eine Präsidentin der Region Poitou-Charentes ungewöhnlich war - und die eigentlich dem Parteivorsitzenden Hollande zukam. Doch der Erste Sekretär der Sozialistischen Partei stand ganz im Schatten seiner Lebensgefährtin. Royal wollte durch ihren Einsatz beweisen, dass das Wahlergebnis mit ihr als Zugpferd noch zu retten sei - tatsächlich schnitten die Sozialisten am Wochenende etwas besser als erwartet ab.

Nun gibt Royal das nächste Signal: Sie bewirbt sich öffentlich um den Vorsitz der Sozialistischen Partei. Den Posten will ihr ehemaliger Partner Hollande aber erst im Herbst 2008 räumen, bis dahin sei er ja gewählt. Auch ist er gegen den Plan der obersten französischen Sozialistin, den eigentlich für November terminierten nächsten Parteikongress vorverlegen zu lassen. Auf dieser Versammlung will sich Ségolène Royal küren lassen.

Machtübernahme der Royalisten

Neben ihr haben auch noch "Elefanten" der Partei wie Dominique Strauss-Kahn und Laurent Fabius ebenfalls ihren Führungsanspruch angemeldet. Bis zum Parteitag stehen sie hinter Hollande - zumindest offiziell. Die Bewerber eint ein Interesse: Sie wollen eine Machtübernahme der Royalisten verhindern.

Ein bereits erschienenes Skandalbuch über Ségolène Royal, das die Journalistinnen Raphaëlle Bacque und Ariane Chemin schrieben, behauptet, dass Royal sich die Präsidentschaftskandidatur über ihre Partnerschaft erpresst haben soll.

So heißt es in La Femme Fatale, dass zunächst Hollande antreten sollte. Doch als Royal von dem Verhältnis Hollandes mit einer Journalistin erfuhr, setzte sie ihre eigene Kandidatur durch. Angeblich sagte sie zu Hollande: "Wenn du Jospin holst, um mich zu stoppen, wirst du deine Kinder nie wiedersehen."

Im Buch wird Hollande mit den Worten zitiert, sie habe nicht das Zeug für das Präsidentenamt. Außerdem verstehe sie nichts von Wirtschafts- und Außenpolitik. Royal ging gerichtlich gegen das Buch vor.

Mal sehen, welche Hintergründe einer Niederlage noch auf Buch- und Zeitungsseiten ausgebreitet werden.

© sueddeutsche.de/AFP - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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