Flüchtlingspolitik der Kanzlerin:"Ich sage wieder: Wir schaffen das"

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Angela Merkel verteidigt die Aufnahme vieler Flüchtlinge. Es gehe auch darum, "ein bestimmtes deutsches Gesicht" zu zeigen.

Von Nico Fried, Berlin

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat Kritik an ihren Entscheidungen in der Flüchtlingspolitik vehement zurückgewiesen. Mit Blick auf die Öffnung der Grenze für Flüchtlinge, die sich in der Nacht zum 5. September zu Fuß auf den Weg an die ungarisch-österreichische Grenze gemacht hatten, sagte sie am Dienstag nach einem Treffen mit dem österreichischen Kanzler Werner Faymann in Berlin: "Es war selbstverständlich, dass wir diese Entscheidung getroffen haben, und ich halte sie auch für richtig, sie hat vielen Menschen geholfen."

Merkel war auch aus den Reihen der Union deutlich dafür kritisiert worden. CSU-Chef Horst Seehofer hatte von einem Fehler gesprochen, "der uns noch lange beschäftigen wird". Merkel sagte: Es sei nach den Krawallen vor dem Erstaufnahmelager im sächsischen Heidenau auch darum gegangen, "ein bestimmtes deutsches Gesicht" zu zeigen. "Ich muss ganz ehrlich sagen: Wenn wir jetzt anfangen müssen, uns zu entschuldigen dafür, dass wir in Notsituationen ein freundliches Gesicht zeigen, dann ist das nicht mein Land."

Die Kanzlerin bekräftigte ihre optimistische Einstellung. "Ich sage wieder und wieder: Wir können es schaffen, und wir schaffen das." Zugleich verteidigte sie die jüngste Entscheidung, wieder Grenzkontrollen einzuführen. Dies sei notwendig gewesen, "um einfach die Flüchtlinge besser registrieren zu können". Merkel und Faymann telefonierten während ihres Treffens mit dem Präsidenten des Europäischen Rates, Donald Tusk, und forderten eine Sondersitzung der Staats- und Regierungschefs für nächste Woche. Faymann hielt einzelnen Ländern vor, den Kopf in den Sand zu stecken und zu hoffen, "dass das Problem an ihnen vorbeizieht". Er forderte mehr Solidarität und schloss finanzielle Sanktionen nicht aus. Merkel hingegen sagte, ihre Hoffnung, mit Drohungen etwas zu erreichen, sei "sehr gering". Gegen einen Sondergipfel gibt es aber noch Widerstand. "Wir sind doch nicht in der Afrikanischen Union", sagte der luxemburgische Außen- und Migrationsminister Jean Asselborn der Süddeutschen Zeitung. Sein Land hat derzeit die EU-Präsidentschaft inne. Anders als die Afrikanische Union lebe die EU nicht nur von Absprachen zwischen den Staaten, so Asselborn. "Man sollte die Minister ihre Arbeit machen lassen", warb er. Die EU-Innenminister hatten sich in der Nacht zum Dienstag allerdings nicht auf eine Verteilung der Flüchtlinge einigen können.

Anfang kommender Woche wollen sich die Minister erneut treffen. Vor allem osteuropäische Staaten lehnen verbindliche Quoten ab. Nach Tschechien reagierte Litauen empört auf die Idee, EU-Staaten dafür zu bestrafen. "Ich halte es für Erpressung, die völlig inakzeptabel ist", sagte Regierungschef Algirdas Butkevičius. Er sei überrascht, dass Vertreter Deutschlands Ländern "beinahe aggressiv" Vorschriften machen wollten. Zuvor hatte Innenminister Thomas de Maizière gesagt, man müsse "über Druckmittel reden" - finanzielle.

Nach der vollständigen Schließung der Grenze zu Serbien will Ungarn nun auch die Grenze zu Rumänien teilweise mit einem Zaun abriegeln. Dies teilte Außenminister Péter Szijjártó in Budapest mit. Ungarn rief außerdem am Dienstag den Krisenfall wegen "Masseneinwanderung" für die Süd-Bezirke Bács-Kiskun und Csongrád aus. Ein neues Gesetz erlaubt den Behörden beschleunigte, faktisch rein formale Asylverfahren und sieht Haftstrafen für Flüchtlinge bei einem illegalen Grenzübertritt vor.

© SZ vom 16.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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