Flüchtlingskosten:Schäuble geht auf die Länder zu

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Der Bundesfinanzminister zeigt sich im Dauerstreit über den Zuschuss zu den Integrationskosten kompromissbereit: Die neue Forderung der Ministerpräsidenten sei nicht "furchterregend".

Von Cerstin Gammelin und Lisa Schnell, Berlin/München

In dem heftigen Streit um die Flüchtlingskosten bahnt sich eine Einigung zwischen Bund und Ländern an. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sagte am Mittwoch in Berlin, die von Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) vorgetragene Forderung, den Ländern über drei Jahre insgesamt acht Milliarden Euro als Zuschuss zu den Integrationskosten zu überweisen, "hört sich nicht so furchterregend an wie acht Milliarden für ein Jahr". Diese Summe hatte der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, Bremens Regierungschef Carsten Sieling (SPD), zuletzt am 16. Juni gefordert. Die Bundesregierung hatte abgelehnt.

An diesem Donnerstag treffen sich die Ministerpräsidenten der Länder erneut im Kanzleramt, um sich über die Integrationskosten zu einigen. Schäuble sagte mit Bezug auf Seehofers Forderung, er hoffe, "dass wir eine Einigung hinkriegen". Der Bund habe eine ähnlich hohe Summe bereits bei früheren Gesprächen angeboten, damals hatten die Länder abgelehnt. Das Geld sollte vor allem dazu verwendet werden, unbegleitete Jugendliche zu versorgen. Wenn die Länderchefs das Geld lieber als Integrationspauschale deklariert haben wollten, stehe dem nichts entgegen. "Aus Sicht der Bundesregierung ist es nicht so ganz entscheidend, wie man Kosten benennt."

Schäuble stellte am Mittwoch den Regierungsentwurf für den Bundeshaushalt 2017 vor. Er sieht bei steigenden Ausgaben erneut keine neuen Schulden vor. Sollte die Bundesregierung die Vorgabe erfüllen, käme sie die gesamte Legislaturperiode ohne zusätzliche Kreditaufnahme aus. Für das kommende Jahr hat Schäuble insgesamt 19 Milliarden Euro an Flüchtlingsausgaben eingeplant, das meiste davon fließt in Sozialleistungen und in die Bekämpfung der Fluchtursachen.

Ob sich Bund und Länder am Donnerstag auch auf den Zuschuss zu den Integrationskosten einigen, hängt nicht zuletzt davon ab, ob Schäuble weiter darauf besteht, dass die Länder ihre tatsächlichen Kosten von unabhängiger Seite prüfen lassen müssen. Man könne sich "über alles verständigen, was nachweisbare Kosten sind", sagte Schäuble. Seehofer lehnte am Mittwoch jegliche Zugeständnisse ab. Schäubles Forderung sei "eine Zumutung". Bayern sei doch kein südosteuropäisches Land, das jede Woche nachweisen müsse, dass die Finanzen stimmten. "Mit Bayern kann man so nicht umgehen", sagte er in München. Mit den "Frustrationserlebnissen" in Berlin müsse endlich Schluss sein.

Seehofer nahm am Abend an einem Gipfel der Partei- und Fraktionsspitzen von CDU und CSU in Berlin teil. Es werde seine letzte Reise vor den Sommerferien sein, sagte Seehofer zuvor. "Ich bin doch kein Reiseonkel." Beraten werden sollte neben den Flüchtlingskosten die Reform des Bund-Länder-Finanzausgleichs. Auch bei dieser Reform ringen Schäuble und Seehofer miteinander. Schäuble lobte den CSU-Chef vorab auf seine Weise: "Der bayerische Ministerpräsident ist der Quell unserer gemeinsamen erfolgreichen Finanzpolitik."

© SZ vom 07.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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