Finanzminister-Treffen:Kampfansagen an die Partner

Lesezeit: 3 min

US-Finanzminster Steven Mnuchin (li.) neben EZB-Chef Mario Draghi. (Foto: Kai Pfaffenbach/Reuters)

Erstmals zeigt sich der neue US-Finanzminister Steven Mnuchin im Kreise seiner G-20-Kollegen - und gibt sich so hartleibig wie sein Chef.

Von Cerstin Gammelin, Baden-Baden

Die Party haben die Amerikaner in Baden-Baden jedenfalls gründlich vermasselt. Statt des geplanten Feuerwerks an guten Nachrichten gab es auf dem zweitägigen Treffen der globalen Finanzelite im Badischen besorgt-nachdenkliche Gesichter. Und das aus einem einzigen Grund: Das mächtigste Mitglied der G 20, des Gremiums der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer, will unter US-Präsident Donald Trump in eine andere Richtung marschieren als der Rest der Welt. Statt der G 20 ist in Baden-Baden plötzlich eine G 1 plus 19 versammelt. Statt zu feiern, muss der Gastgeber Deutschland eine diplomatische Charmeoffensive starten, um die Amerikaner am Tisch zu halten.

Steven Mnuchin, Finanzminister in der Regierung von Donald Trump, lässt bei seinem ersten Treffen in internationaler Runde keinen Zweifel daran, dass sein Präsident umsetzen will, was er im Wahlkampf versprochen hat. Auch, wenn es früheren Absprachen widerspricht. Beispiel Handel: Mnuchin setzt durch, dass die Abschlusserklärung des G-20-Treffens erstmals kein Bekenntnis gegen Protektionismus und für freien Handel enthält. Beispiel Klima: Mnuchin setzt durch, dass jegliche Bezugnahme zum internationalen Klimaschutzabkommen von Paris fallen gelassen wird. Was in früheren Vereinbarungen stehe, "ist für mich nicht unbedingt wichtig", sagt der US-Finanzminister. Wichtig sei dagegen schon, dass sich in der jetzt unterzeichneten Vereinbarung das wiederfinde, was neu besprochen wurde.

Für die deutschen G-20-Gastgeber ist das Ausscheren der Amerikaner doppelt heikel. Einerseits muss der Exportweltmeister sein bisher so erfolgreiches Wirtschaftsmodell verteidigen. Dazu braucht es freien Handel. Andererseits ist Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble als Gastgeber verpflichtet, die unterschiedlichen Interessen seiner Gäste zu moderieren und auszugleichen. Logisch also, dass Schäuble nichts davon wissen will, dass sich die Amerikaner in der internationalen Gemeinschaft isoliert haben. "Die Amerikaner haben keine Außenseiter-Rolle", sagt Schäuble, "sondern eine ganz zentrale, auch wenn sie nicht in so vielen Themen übereinstimmen." Dass die Differenzen gar nicht so groß seien, versucht er später mit einem Zitat aus der Bibel zu belegen. "Prüfe alles und behalte das Gute", stehe da geschrieben - und warum sollte man den Amerikanern dieses Recht nicht zubilligen.

Schäuble ist nicht der Einzige, der es in Baden-Baden mit einer Charmeoffensive versucht. Das Schlimmste, was aus den Delegationen über den Neuen aus Washington verbreitet wird, ist, dass er schlecht vorbereitet gewesen sei. Das sei jedenfalls besser, als wenn er überhaupt kein Interesse gezeigt hätte, in der G 20 mitzuarbeiten. Eine G 20 ohne die USA: Aus Sicht westlicher Teilnehmer wäre schon allein die Vorstellung absurd.

So weit will Mnuchin in Baden-Baden nicht gehen. Als der Präsident der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, gleich in der ersten Arbeitssitzung am Freitag nachdrücklich fordert, dass alle am Tisch versammelten sich noch einmal deutlich zu multilateraler Zusammenarbeit bekennen sollen, gibt auch der Amerikaner ein "Yes" ab. "Wir bekräftigen unseren Willen, international zu kooperieren", ist in der Abschlusserklärung nachzulesen. Es ist der Satz, der das Fortbestehen der G 20 sichert - vorerst jedenfalls.

Wie weit das Bekenntnis trägt, hängt davon ab, wie die Steuerreform der Amerikaner aussehen wird und davon, wie Trump versuchen wird, Handelsabkommen neu zu verhandeln. Mnuchin konnte die Ankündigungen seines Präsidenten in Baden-Baden nur wenig konkretisieren. Trump trete für freien Handel ein, "aber er muss ausgeglichen sein", wiederholte er die Maßgabe aus Washington. Amerika sei einer der größten Märkte, jetzt wolle man diese Macht endlich nutzen und bestehende Handelsabkommen neu verhandeln. Mnuchin ließ auch keinen Zweifel daran, was "fair" verhandeln aus amerikanischer Sicht heißt: dass der Verhandlungspartner nachgibt. Die Möglichkeit, dass amerikanische Unternehmen nicht genügend nachgefragte Produkte erzeugen könnten und deshalb weniger verkauften, schließt er aus. "Amerika hat wettbewerbsfähige Unternehmen und gute Produkte."

Mnuchin verabschiedete sich nach Washington mit einem freundlichen Dankeschön - und dem Angebot, im Gespräch zu bleiben. Er sei vollauf zufrieden mit den Ergebnissen, die in die richtige Richtung gingen. "Ich freue mich auf die nächsten Treffen in Washington". Mitte April, bei der Frühjahrstagung des Internationalen Währungsfonds, werden die 1 plus 19 also weiterreden.

© SZ vom 20.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: