FDP-Parteitag in Bremen:Dämpfer für Westerwelle

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Der FDP-Partei-Chef ist als Bundesvorsitzender der Liberalen wiedergewählt worden. Mit neun Prozent weniger Stimmen als bei seinem Amtsantritt vor zwei Jahren straften ihn die rund 600 wahlberechtigten Delegierten für die Krisen innerhalb der Partei ab.

In geheimer Abstimmung erhielt der 41-jährige Politiker 509 von 638 abgegebenen Stimmen. Mit Nein votierten 90 Delegierte, 39 enthielten sich. Das entspricht nach Angaben des Tagungspräsidiums einer Zustimmung von 79,78 Prozent.

Westerwelle selbst hatte bereits im Vorfeld gesagt, er rechne mit einem schlechteren Ergebnis als vor zwei Jahren. Damals war er mit knapp 88,9 Prozent der Stimmen an die Parteispitze gewählt worden.

Eine Wahlschlappe musste der Wirtschaftsminister aus Baden-Württemberg, Walter Döring, hinnehmen. Er wurde erst im zweiten Wahlgang und auf Intervention Westerwelles als Vizeparteichef bestätigt, im ersten Durchgang hatten ihm fünf Stimmen gefehlt.

Als weitere Stellvertreter wählten die Delegierten den rheinland-pfälzischen Landeschef Rainer Brüderle sowie den nordrhein-westfälischen Landesvorsitzenden Andreas Pinkwart. Günter Rexrodt wurde in seinem Amt als Bundesschatzmeister mit rund 65 Prozent im Amt bestätigt.

Die Wahl der innerparteilich umstrittenen Generalsekretärin Cornelia Pieper wurde wegen der fortgeschrittenen Stunde auf Samstag verschoben.

"Ich habe zu sehr vertraut"

In seiner Rede zum Auftakt des Kongresses hatte Guido Westerwelle eine insgesamt positive Bilanz gezogen und dabei vor allem auf die Serie von Wahlerfolgen verwiesen.

In der Affäre um den aus der Partei ausgetretenen Jürgen Möllemann hat Westerwelle Fehler eingestanden. "Ich glaube, dass ich selbst zu sehr vertraut habe, vielleicht auch zu lange", sagte Westerwelle. Den Namen des nach monatelangen Querelen und Antisemitismusvorwürfen aus der Partei ausgetretenen früheren nordrhein-westfälischen FDP-Chefs nannte er nicht.

In Anspielung auf die Kritik an seinem mangelnden Krisenmanagement in der Affäre gab er aber zu: "Ja, es wurden Fehler gemacht. Darunter auch solche, die ich ganz persönlich zu verantworten habe. In einem Wahlkampf mit Eifer gibt es Fehler und auch Überdrehungen."

Unterstützung von Rot-Grün und Neuwahlen

Der Chef der Liberalen bekräftigte seine Forderung: "Das beste Beschäftigungsprogramm für Deutschland wären Neuwahlen." Zugleich erneuerte er aber auch das Angebot an die rot-grüne Bundesregierung, den von Kanzler Gerhard Schröder angekündigten Sozialreformen zu einer parlamentarischen Mehrheit zu verhelfen.

Die FDP werde dabei eine eigenständige Partei bleiben und erst in zweiter Linie Koalitionspartner für irgendwen. Sie werde auch in Zukunft versuchen, mit unkonventionellen Methoden Menschen anzusprechen, die sich von der Politik abgewendet hätten. "Unsere Partei hat schon andere Krisen gemeistert", fügte der Parteichef hinzu, "was uns 2002 nicht beim ersten Mal gelungen ist, nehmen wir uns ein zweites mal vor". Die FDP müsse sich so aufstellen, dass sie jederzeit die Alternative bei Neuwahlen sei.

Westerwelle bezeichnete Rot-Grün als historischen Irrtum. Trotz immer höherer Steuern gebe es keine höheren Steuereinnahmen. Er kritisierte die angekündigte Erhöhung der Tabaksteuer und Forderungen nach höheren Abgaben auf Alkohol scharf. "Rauchen und Saufen für die Gesundheit sind kein Reformkonzept, sondern der absurde Endpunkt einer unfähigen Bundesregierung", rief Westerwelle aus.

Deutschland müsse an "Haupt und Gliedern" reformiert werden. "Dieses Land hat eine Krise der Strukturen", sagte Westerwelle mit Blick auf die Agenda 2010 von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD). Das größte Risiko bestehe heute nicht darin, das Bestehende zu verändern, sondern darin, es nicht zu tun. "Die Menschen sind viel weiter als die Politik", sagte Westerwelle und betonte, die FDP habe das klarste Gegenmodell zu allen anderen Parteien.

(sueddeutsche.de/dpa/AP/AFP)

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