Fall Mansour:Live aus 'nem Rechtsstaat

Vielleicht hat das Drama um den ägyptischen Journalisten von Al Jazeera ja noch sein Gutes.

Von Nico Fried

Zwei Tage lang saß der ägyptische Journalist Ahmed Mansour im Gewahrsam der deutschen Justiz. Zwei Tage zu viel, daran kann nach allem, was man über das Verfahren gegen ihn in Ägypten weiß, kein Zweifel bestehen. Die Festnahme in Berlin war nicht nur sehr unangenehm für den Betroffenen, sondern auch äußerst peinlich für die deutschen Behörden. Und dass die Bundesregierung, namentlich das Justizministerium und das Auswärtige Amt, auch nach drei Tagen noch nicht umfassend zu erklären vermochte, wie es dazu kommen konnte, macht die Sache noch peinlicher.

Dass Mansour Mutmaßungen darüber anstellt, es habe politische Einflussnahme zu seinen Lasten gegeben, ist sein gutes Recht. Man nennt es Meinungsfreiheit. Dass er den Auftritt nach seiner Freilassung als Feiertag für den weltweiten Kampf um Pressefreiheit inszenierte, mag der Absicht zuzuschreiben sein, aus der unerfreulichen Begebenheit wenigstens noch PR für sich und seinen Sender herauszuholen. Hoffentlich wirkt es.

Denn wenn 40 Millionen Al-Jazeera-Zuschauer, viele von ihnen in Despotenstaaten, im Fernsehen quasi live erleben, wie ein Rechtsstaat namens Deutschland einen unbestreitbaren Fehler korrigiert, welche Rolle die Medien spielen, welche Rechte Anwälte haben und wie frei sich Mansour äußern darf, dann hätte die sinnlose Festnahme am Ende vielleicht sogar noch ein klitzekleines Gutes gehabt.

© SZ vom 24.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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