Fall el-Masri:Opposition knöpft sich Schily vor

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Zurzeit wird der ehemalige Innenminister im Untersuchungsausschuss zur Entführung des Deutsch-Libanesen als Zeuge vernommen. Schily muss sich schwere Vorwürfe gefallen lassen.

Der frühere Bundesinnenminister Otto Schily hat nach eigenen Angaben keine Kenntnis darüber, ob deutsche Stellen im Entführungsfall Khaled el-Masri Informationen an ausländische Behörden weitergaben.

Ihm sei auch nicht bekannt, ob deutsche Stellen an Befragungen des Deutsch-Libanesen teilgenommen hätten. Dies sickerte am Rande seiner Vernehmung durch, die unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfand.

Schily schilderte in groben Zügen ein Treffen vom 31. Mai 2004 mit dem damaligen US-Botschafter Daniel Coats, bei dem er über den Vorgang el-Masri informiert wurde.

Der Deutsch-Libanese war nach eigener Darstellung Ende 2003 in Mazedonien festgenommen, von der CIA fünf Monate nach Afghanistan verschleppt und am 28./29. Mai 2004 freigelassen worden. Schily sagte, Coats habe damals von einem Fehler gesprochen.

El-Masri sei aber zum Zeitpunkt des Gespräches schon wieder frei gewesen. Zudem habe sich laut Coats die US-Seite bei el-Masri entschuldigt und ihm Geld gegeben.

Die Opposition warf der ehemaligen rot-grünen Bundesregierung hingegen gezielte Desinformation vor.

Innenminister Otto Schily (SPD) habe nach Kenntnis von der irrtümlichen Verhaftung el-Masris den Strafermittlungsbehörden "sehenden Auges" Informationen vorenthalten, sagte Grünen-Obmann Christian Ströbele.

Zudem habe der Ex-Minister Parlament und Öffentlichkeit anderthalb Jahre im Dunklen gelassen. Dies sei nicht "hinnehmbar", unterstrich Ströbele.

Beweise gibt es nicht

Auch FDP-Obmann Max Stadler schloss nicht aus, dass Schily schon vor dem Treffen mit Coats von der Verschleppung wusste. "Das Treffen mit Coats war kurz, knapp und nicht sehr inhaltsreich", sagte er. Es sei darum nicht auszuschließen, dass es lediglich ein formales Treffen gewesen sei und Schily schon vorher auf informellen Weg über den Vorgang el-Masri in Kenntnis gesetzt worden sei. "Fairerweise muss ich aber sagen, dass es dafür keine Beweise gibt."

Das Innenministerium hat hingegen jegliche Verstrickung deutscher Bundes- oder Landesbehörden in die Verschleppung Khaled el-Masris zurückgewiesen. "Es gab keine Beteiligung deutscher Stellen an der Entführung des Deutsch-Libanesen", sagte der für das Bundeskriminalamt (BKA) sowie Teile des Verfassungsschutzes zuständige Abteilungsleiter im Innenministerium, Günter Krause, im öffentlichen Teil seiner Vernehmung im BND-Untersuchungsausschuss.

Das BKA habe zudem die Ermittlungen in "jeder erdenklichen Weise" gefördert. Der Beamte sollte Aufschluss geben über ein Treffen zwischen Ex-Innenminister Otto Schily (SPD) und dem damaligen US-Botschafter Daniel Coats. Dabei wurde Schily am 31. Mai 2004 erstmals über den Fall el-Masri informiert.

Der US-Diplomat habe dabei aber nicht von einer Entführung und einer Überstellung nach Afghanistan gesprochen, sagte Krause. El-Masri war nach eigenen Angaben Ende 2003 in Mazedonien festgenommen, vom US-Geheimdienst CIA nach Afghanistan verschleppt und fünf Monate in einem Gefängnis in Kabul festgehalten worden.

"Ehrenmann, kein Gauner"

Krause wies die Kritik der Opposition als "ziemlich abwegige Spekulation" zurück. Es treffe nicht zu, dass es bei den Ermittlungen vorsätzliche Zurückhaltung, gegeben habe: "Schily hat keine Beißhemmungen." Dies gelte auch für kritische Gespräche mit den Amerikanern.

Ströbele zeigte sich zudem verwundert über eine Reise Schilys nach Kabul am 20./21. Mai 2004. Zu diesem Zeitpunkt saß el-Masri in einem Kabuler Gefängnis.

Krause, der damals zu Schilys Delegation gehörte, sagte, der Name el-Masri sei bei dem Besuch nicht gefallen. Ströbele und auch Stadler vertraten die "Hypothese", dass Schily sich möglicherweise damals für die Freilassung einsetzte. Aber auch dafür gebe es keine Beweise, sagte Stadler.

Krause wies Unterstellungen gegen seinen früheren Dienstherrn vehement zurück: "Schily ist ein Ehrenmann und kein Gauner." Zugleich betonte der Beamte, es gebe keine Erkenntnisse, dass die Schilderungen el-Masris falsch seien.

Der am 7. April eingesetzte Untersuchungsausschuss soll nicht nur den Entführungsfall el-Masri klären. Es gilt auch den Einsatz zweier BND-Beamter in Bagdad während des Irak-Krieges sowie etwaige Gefangenflüge der CIA und die Umstände der Internierung des aus Bremen stammenden und kürzlich freigelassenen Türken Murat Kurnaz zu untersuchen.

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