Fall Amri:Keiner will's gewesen sein

Die Politik überbietet sich mit Unschuldsbekenntnissen.

Von Ronen Steinke

Über eigene Schwächen zu reden ist nicht verkehrt, auch nicht in Zeiten des Terrors, wenn die Rhetorik eher zu trotziger Selbstvergewisserung neigt, à la Wir-sind-stärker-als-euer-Hass. Nach dem Entsetzen über den Anschlag eines Tunesiers in Berlin haben jetzt wochenlang Politiker und Behörden die Schwächen der deutschen Terrorabwehr ausgeleuchtet. Recht schonungslos. Im Düsseldorfer Untersuchungsausschuss war von Korpsgeist nichts zu spüren. Egal, ob es den Drahtziehern des IS-Terrors Schadenfreude bereiten mag zu sehen, wie die Deutschen, hart getroffen, die Verantwortung auch beieinander suchen: Das war souverän.

Erstaunlich war es nur zu sehen, mit welcher beneidenswerten Selbstgewissheit manche Politiker dort Anklagen gegeneinander erhoben. Einen originellen Auftritt legte hier Thomas de Maizière hin, der Bundesinnenminister. Ihm untersteht nicht nur das Bundeskriminalamt, das in der Einschätzung des "Gefährders" Anis Amri noch abwiegelte, als das Düsseldorfer Landeskriminalamt schon Alarm geschlagen hatte. Ihm steht auch seit Jahren offen, solche Gefährder aus eigener Bundes-Zuständigkeit abzuschieben.

Fast noch besser: der Landesinnenminister von der SPD, Ralf Jäger. Sein eigener LKA-Chef machte ihm schwere Vorwürfe. Aber ein von ihm handverlesener "unabhängiger Sondergutachter" sprach ihn von aller Schuld frei.

© SZ vom 07.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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