Ex-Geisel Blechschmidt:"Geiselnehmer waren Taliban"

Die ehemalige Afghanistan-Geisel Rudolf Blechschmidt hat Angaben der Bundesregierung widersprochen, wonach seine Entführer lokale Kriminelle und keine radikal-islamischen Taliban waren.

Unmittelbar nach seiner Freilassung habe Blechschmidt gegenüber Beamten des Bundeskriminalamts (BKA) ausgesagt, die Entführer hätten sich durchaus als Taliban bezeichnet, berichtet Spiegel Online. Außerdem hätten sie zumindest telefonisch Kontakt zur Taliban-Spitze gehabt.

Diese Aussage habe mittlerweile im Krisenstab der Bundesregierung auch zu einer vorsichtigen Neubewertung des Falls geführt. Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes in Berlin sagte dagegen, das Ministerium habe an seiner Einschätzung "nichts zurückzunehmen". Zu den Details der Arbeit des Krisenstabes mache das Auswärtige Amt allerdings keine Angaben.

Drei Monate lang verschleppt

Angeblich hatte Blechschmidt von mehreren Gästen berichtet, die während der Geiselnahme zur Gruppe seiner Entführer gestoßen seien. Unter ihnen seien zwei Pakistaner gewesen und auch zwei junge Männer, die sich auf Selbstmordanschläge in der afghanischen Hauptstadt Kabul vorbereitet hätten.

Blechschmidt war am 10.Oktober nach fast drei Monaten Geiselhaft freigekommen. Sein mit ihm entführter Kollege Rüdiger D. war kurz nach der Verschleppung erschossen worden.

Blechschmidt geht davon aus, dass seine Entführer zur selben Gruppe gehörten, die auch mehrere koreanische Geiseln gefangen gehalten hatten. Dem Stern sagte er: "Wenn ich die Taliban gefragt habe, wann rufen wir die Botschaft an, hat der Chief abgewunken: Sie seien jetzt vollauf mit den koreanischen Geiseln beschäftigt, hätten keine Zeit für mich."

Taliban-Mitglieder hatten am 19.Juli insgesamt 23Koreaner verschleppt. Zwei der Geiseln wurden ermordet. Die letzten Verschleppten kamen erst nach sechswöchiger Geiselhaft frei.

© SZ vom 30.10.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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