Europa feiert:Willkommen in der EU

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Nach zwei Weltkriegen und mehreren Jahrzehnten ideologischer Spaltung rückt Europa enger zusammen: Die Europäische Union nimmt zehn neue Länder auf. Ein Kontinent feiert - über Verfassung und Nebenwirkungen reden wir dann nach dem Kater.

Mit Feuerwerken und Freudentänzen haben alte und neue Mitglieder der Europäischen Union (EU) in der Nacht zum Samstag ihre wiedergewonnene Einheit gefeiert.

Grenzenlos: Ein junger Mann entfernt den aus den Zeiten des kalten Krieges stammenden Grenzzaun in Bayerisch Eisenstein an der deutsch-tschechischen Grenze. (Foto: Foto: ap)

Von Finnland im Norden bis Zypern im Süden, von Portugal im Westen bis zu den baltischen Staaten im Osten: Die Europäische Union ist fortan so groß und so vereint wie nie zuvor.

Entlang des früheren "Eisernen Vorhangs" und in den Hauptstädten der alten und neuen Mitglieder feierten Millionen Europäer unter freiem Himmel. Seit Mitternacht sind nun Estland, Lettland, Litauen, Polen, Slowakei, Slowenien, Tschechische Republik, Ungarn, Zypern und Malta EU-Mitglieder.

Mit dem Beitritt der neuen Mitglieder festigt die EU ihre Position als zweitstärkste Wirtschaftsmacht der Erde. Mit den etwa 74 Millionen neu hinzugekommenen Bürgern leben in der EU nun fast 455 Millionen Menschen. Die Zahl der offiziellen Amtssprachen hat sich von 11 auf 20 erhöht.

Die nun 25 Staats- und Regierungschefs der EU kommen am Samstagnachmittag zu der zentralen, offiziellen Feier in Dublin zusammen. Irland hält zur Zeit die EU-Ratspräsidentschaft inne.

Wegen der Zeitverschiebung bereits eine Stunde früher als im Rest der Union konnten die drei baltischen Staaten und Zypern ihren Beitritt feiern. Schon um 23.00 Uhr mitteleuropäischer Sommerzeit wurde in Zyperns Hauptstadt Nikosia die Fahne der EU zu den Klängen der Europa-Hymne gehisst.

Türkische Zyprer nahmen jedoch nicht an den Feierlichkeiten teil, da sie wegen der Ablehnung des UN-Plans zur Wiedervereinigung der seit 1974 geteilten Insel durch die griechischen Zyprer nicht als EU-Bürger aufgenommen werden.

Prodi fordert Aufnahme weiterer Länder in die EU

Auch in den drei baltischen Staaten feierten Zehntausende. In Litauen waren die Menschen aufgerufen, durch das Einschalten und Anzünden möglichst vieler Lichtquellen ihr Land zum "hellsten Punkt Europas" zu machen. Estland will mit einer groß angelegten Baumpflanzaktion den Neubeginn symbolisieren.

Beitrittsfeiern gab es auch in Ungarn, Tschechien und der Slowakei. Mit einem gigantischen Feuerwerk im Hafen der maltesischen Hauptstadt Valletta feierte das jetzt kleinste EU-Mitgliedsland den Beitritt zur Union. "Ich bin stolz darauf, ein Malteser und ein maltesischer Europäer zu sein", sagte Ministerpräsident Laurence Gonzi.

In Polens Hauptstadt Warschau begrüßten Tausende mit polnischen und europäischen Fahnen, einem Feuerwerk und einem in 35 Länder übertragenen Konzert die neue europäische Ära. Staatspräsident Aleksander Kwasniewski rief dazu auf, die Türen zur EU offen zu lassen. Besonders nannte er die Ukraine und die Staaten des Balkan.

EU-Kommissionspräsident Romano Prodi äußerte sich bei einer Erweiterungsfeier an der italienisch-slowenischen Grenze ähnlich. Die fünfte Erweiterung der Union werde nicht die letzte sein. "Andere europäische Länder und Völker werden unserem Unternehmen folgen, bis der ganze Kontinent in Frieden und Demokratie vereint ist", sagte Prodi.

Mehr Sensibilität für die neuen Partner in der EU forderte Bundesaußenminister Joschka Fischer. Zusammen mit seinem polnischen Kollegen Wlodzimierz Cimoszewicz nahm er an einer Feier auf der Oderbrücke zwischen Frankfurt (Oder) und Slubice (Polen) teil.

Kohl: Deutschland ist Hauptnutznießer im geeinten Europa

Als die Minister gemeinsam über die Oderbrücke nach Slubice gingen, wurden sie von Tausenden jubelnder Menschen empfangen. "Willkommen im gemeinsamen Europa", rief Fischer ihnen zu. Sein polnischer Kollege sagte unter dem Beifall der Menge: "Wir sind jetzt Europa."

"Es ist eine Glücksstunde", sagte Alt-Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) bei einem Festakt der sächsischen Landesregierung im deutsch-polnisch-tschechischen Dreiländereck Zittau. "Das ist ein Traum. Aber man kann auch Träume erleben, die einen glücklich machen." Deutschland sei der politische Hauptnutznießer im geeinten Europa: "Unser Land ist umgeben von Freunden und Partnern."

© sueddeutsche.de/afp/dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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