EU-Gipfel zum Kaukasus:Politiker loben Geschlossenheit

Lesezeit: 3 min

Den EU-Sondergipfel zur Kaukasus-Krise haben Politiker und Wirtschaftsvertreter positiv bewertet und den Verzicht auf Sanktionen gegen Russland begrüßt. Auch Moskau äußerte sich zufrieden.

Vertreter von Politik und Wirtschaft haben die Geschlossenheit der Europäischen Union (EU) beim Sondergipfel zur Kaukasuskrise sowie den Verzicht auf Sanktionen gegen Russland begrüßt. "Eine dauerhafte Beilegung der Krise im Kaukasus ist ohne Russland nicht möglich", teilte der Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag, Peter Ramsauer, am Dienstag in Berlin mit. "Sanktionen würden niemandem nützen."

Erfreut über das einheitliche Auftreten der EU: Außenministerin Benita Ferrero-Waldner. (Foto: Foto: AFP)

Der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Jürgen Thumann, sagte laut Mitteilung: "Wir hoffen, dass das Bewusstsein um die gegenseitigen wirtschaftlichen Verflechtungen dämpfend wirkt."

Der Präsident des Europäischen Parlaments, Hans-Gert Pöttering (CDU), betonte im Hessischen Rundfunk: "Die Reaktion der EU auf die Anerkennungspolitik Russlands ist geschlossen, das Handeln Russlands ist ganz eindeutig verurteilt worden, und das ist das Wichtigste." Den Angriff Russlands auf Georgien verurteilte Pöttering als "unverantwortlich", da Moskau einseitig bestehende Grenzen verändern wolle. "Das kann Moskau so nicht durchgelassen werden." Walter Kolbow, stellvertretender Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion, forderte von Russland den unverzüglichen Abzug seiner Truppen aus den georgischen Kerngebieten.

Beschlüsse stärken Europäische Union

Der britische Außenminister David Miliband hat in der Kaukasus-Krise einen Kurswechsel Russlands gefordert. Trotz kurzfristiger Erfolge werde Russland auf lange Sicht wirtschaftliche und politische Nachteile für seinen Militäreinsatz in Georgien erleiden, schrieb Miliband in einem am Dienstag veröffentlichten Beitrag für den Irish Examiner. "Wenn Russland wirklich Respekt und Einfluss will, muss es seinen Kurs ändern."

Die Beschlüsse des EU-Sondergipfels stärken nach Ansicht von Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner die Glaubwürdigkeit der Europäischen Union. Sie sei sehr erfreut über das einheitliche Auftreten der EU und die eindeutige Botschaft, die sowohl an die Georgier als auch an die Russen gesandt worden sei, sagte Ferrero-Waldner am Dienstag in einem Telefoninterview mit dem Deutschlandfunk.

Ferrero-Waldner sprach sich zudem für eine engere Anbindung Georgiens an die EU aus. Über die jetzige Zusammenarbeit hinaus könne sie sich stärkere Visa-Erleichterungen sowie ein Freihandelsabkommen vorstellen, sagte sie. Zudem werde die EU einen wesentlichen Beitrag zum Wiederaufbau in Georgien beisteuern.

Gleichzeitig nannte Ferrero-Waldner auch Russland einen "ganz wesentlichen Partner" der EU, der sowohl in Wirtschaftsfragen als auch bei der internationalen Terrorismusbekämpfung oder der Beilegung des Atomstreits mit dem Iran eine wichtige Rolle spiele. Mit Blick auf die für kommende Woche geplante Reise des EU-Ratspräsidenten Nicolas Sarkozy und des EU-Außenbeauftragten Javier Solana nach Moskau zeigte sich Ferrero-Waldner optimistisch. "Es ist eine gewisse Kompromissbereitschaft von russischer Seite gegeben", sagte sie. Bei der Reise soll es vor allem um die Erfüllung des Sechs-Punkte-Plans gehen, den Sarkozy am 12. August mit Moskau und Tiflis ausgehandelt hatte und der unter anderem einen russischen Truppenabzug aus Georgien vorsieht.

Die EU hatte am Montag entschieden, die Verhandlungen über ein neues Partnerschaftsabkommen mit Russland bis zu dessen Abzug aus Georgien ausgesetzt. Miliband wandte sich zugleich gegen eine Ausgrenzung Russlands. "Die Isolation Russlands wäre konterproduktiv, weil seine wirtschaftliche Integration das beste Disziplinierungsmittel ist."

Russland hat sich zufrieden über die Haltung des EU-Sondergipfels zum Konflikt in Georgien geäußert. Zwar hätten einige Staaten Sanktionen gegen Russland und ein Einfrieren der Beziehungen gefordert, erklärte das russische Außenministerium am Dienstag. Die Mehrheit der EU-Staaten habe jedoch eine besonnene Herangehensweise gezeigt. Der Kurs auf eine Partnerschaft mit Russland sei bestätigt worden. Die EU habe die Bedeutung erkannt, die eine nützliche Zusammenarbeit für alle Seiten habe.

Gleichzeitig sprach sich Moskau für gute Beziehungen zu den USA aus. "Wir hoffen, dass sich die positive Agenda in den Beziehungen mit den Vereinigten Staaten durchsetzen wird", sagte ein Berater von Präsident Dmitrij Medwedjew. Das "Fiasko" der amerikanischen Politik in Georgien werde hoffentlich nicht die USA daran hindern, verantwortungsbewusst Probleme von internationaler Bedeutung anzugehen. Er erwarte keine Sanktionen der USA, sagte der Berater.

Georgien wünscht sich "enge Integration" mit der EU

Russlands Außenminister Sergej Lawrow trifft am Dienstag seinen türkischen Amtskollegen Ali Babacan in Istanbul. Bei dem Gespräch soll es auch um einen Importstopp für türkische Güter nach Russland gehen. In der vergangenen Woche hatte Russland die Einfuhr von Waren aus der Türkei weitgehend gestoppt. Hunderte türkische Lastwagen stauen sich an der russischen Grenze.

In Ankara wird vermutet, dass Russland die Türkei für eine Kooperation mit den USA im Kaukasus-Konflikt bestrafen will. Russland war im vergangenen Jahr für die Türkei der größte Handelspartner außerhalb der Europäischen Union und bedeutendster Energie-Lieferant.

Georgien hat den Wunsch nach "enger Integration" in die Europäische Union bekräftigt. "Wir möchten eine engere Integration, wirtschaftlich und auch in anderen Bereichen", sagte der georgische Ministerpräsident Lado Gurgenidse am Dienstag in Brüssel nach einem Treffen mit EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner. "Und wir erhoffen eine umfassende Diskussion darüber, wie diese Integration erreicht werden kann."

© Reuters/dpa/AFP/cag/buma/odg - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: