EU-Gerichtshof:Nicht an die Fische gedacht

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Dampf steigt aus dem Kohlekraftwerk Moorburg in Hamburg. (Foto: Daniel Reinhardt/dpa)

EU-Richter beanstanden den Bau eines Hamburger Kohlekraftwerks an der Elbe. Umweltauflagen seien missachtet worden.

Von Peter Burghardt, Hamburg

Nach dem Ärger um die Elbvertiefung hat Hamburg nun ein weiteres Problem mit Umweltauflagen und dem Fluss. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg rügte am Mittwoch, dass die Hansestadt den Bau des Kohlekraftwerks Moorburg an der Elbe genehmigt habe, ohne die Folgen für die Natur ausreichend zu prüfen. Das Urteil gibt der Europäischen Kommission recht, die gegen die Bundesrepublik Deutschland geklagt hatte. Es geht dabei vor allem um gefährdete Fischarten. Die EU-Kommission muss nun über mögliche Sanktionen entscheiden.

Genehmigt worden war der Bau 2007 vom CDU-Senat unter Bürgermeister Ole von Beust, vor der Energiewende. 2015 wurde die Anlage nach mehreren Klagen und Verzögerungen von dessen SPD-Nachfolger Olaf Scholz eröffnet - der Betreiber Vattenfall hatte drei Milliarden Euro investiert, viel mehr als ursprünglich geplant. Rot-Grün stellte bei der Einweihung damals klar, dass heute so nicht mehr gebaut werden würde, die Grünen hatten sich vergeblich gegen das von Anfang an umstrittene Projekt gewehrt. Dennoch hängt die Stadt wesentlich an diesem Netz. Im Januar 2017 erzeugten die beiden Kraftwerksblöcke 827 Millionen Kilowattstunden Strom, das waren in jenem Zeitraum 70 Prozent des Hamburger Bedarfs. Der Ausstoß an Schadstoffen hat sich durch den Betrieb erheblich erhöht. Allerdings richtet sich die Kritik von EU und EuGH gegen den Umgang mit Tieren und Pflanzen.

So kamen die Richter des EuGH wie die EU-Kommission zu dem Ergebnis, dass die Gefahren für Fische durch das Kohlekraftwerk nicht genügend untersucht worden seien. Gerügt wird die Kühlwasserentnahme aus der Elbe, bei der Fische angesaugt und getötet würden, darunter geschützte Arten wie Flussneunauge, Meerneunauge und auch Lachse. Zwar hatte Vattenfall vor Geesthacht elbaufwärts eine Fischaufstiegstreppe gebaut, aber diese verhindert nach Ansicht der Experten in Brüssel und Luxemburg nicht, dass flussabwärts Gefahr droht. Hamburg hatte die wasserrechtliche Zulassung erteilt.

Die ebenfalls seit Jahren umkämpfte Fahrrinnenanpassung der Elbe hatte das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig im Februar unter anderem mit Auflagen zum Schutz des sehr seltenen Schierlings-Wasserfenchels verbunden. Auch wegen schlechter Luftqualität wurde Hamburg mehrmals von EU und Gericht gerügt.

© SZ vom 27.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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