EU-Behörde Ema:Amsterdam enttäuscht

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Die Stadt wurde unter 19 Bewerbern ausgesucht - nun hält sie nicht, was sie bei der Vergabe des Sitzes der EU-Arzneimittel-Agentur versprach.

Von Daniel Brössler, Brüssel

Es war ein Sieg der Zuverlässigkeit. So jedenfalls sah das aus, als im November die Entscheidung fiel, die Europäische Arzneimittel-Agentur (Ema) von London nach Amsterdam zu verlegen. In einer Kampfabstimmung über mehrere Runden setzte sich die niederländische Stadt gegen die norditalienische Metropole Mailand durch bei der Aufteilung des Brexit-Erbes. 19 EU-Staaten hatten Städte ins Rennen geschickt. Entscheidend sollte am Ende vor allem ein Kriterium sein: Können die etwa 900 Mitarbeiter der für die Zulassung von Medikamenten in der EU zuständigen Behörde ihre Arbeit nahtlos und ungehindert fortsetzen nach dem für den 29. März 2019 terminierten Austritt Großbritanniens?

In aufwendigen Bewerbungsmappen hatten die Kandidaten, darunter Bonn, nicht zuletzt dies glaubhaft machen müssen. Den Niederländern wurde in dieser Hinsicht am meisten Glauben geschenkt - zu Unrecht, wie sich nun herauszustellen scheint. Der vorgesehene neue Sitz werde erst im November 2019 bezugsfertig sein, musste die niederländischen Regierung nun einräumen. Bis dahin werde man ein Provisorium zur Verfügung stellen.

Die Agentur selbst ist davon wenig begeistert. Als "suboptimal" bezeichnete Ema-Chef Guido Rasi die Notlösung. Man sei nun gezwungen, zweimal umzuziehen, was zusätzliche Ressourcen beanspruche. Zunächst werde man nur halb so viel Platz haben wie derzeit in London. Es werde überdies "länger dauern, bis wir zu unserem normalen Betrieb zurückkehren können", sagte er zu Wochenbeginn in Den Haag. Damit machte er diplomatisch klar, dass die Niederlande ein zentrales Kriterium, das den Ausschlag für Amsterdam gegeben hatte, entgegen ihrer Zusagen nicht erfüllen. Das sorgt vor allem in Italien für Empörung, das mit Mailand am Ende durch einen Losentscheid gescheitert war. Es wurde erwartet, dass die italienische Regierung Klage beim Europäischen Gerichtshof in Luxemburg einreicht.

Kritische Fragen werden auch an die EU-Kommission gestellt, die alle Bewerbungen zumindest formal daraufhin geprüft hatte, ob sie die Anforderungen erfüllen. Dies sei auch korrekt geschehen, betonte am Dienstag der Sprecher von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. "Wir haben unseren Job gemacht", sagte er. Es handele sich um eine Entscheidung von 27 Mitgliedstaaten. Ema-Chef Rasi stellt sich jedenfalls darauf ein, dass es beim Umzug in die Niederlande bleibt. Die Entscheidung für Amsterdam sei von der Agentur und ihren Mitarbeitern begrüßt worden. Während seiner Pressekonferenz betonte er noch einmal: "Es war der bevorzugte Standort."

© SZ vom 31.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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