Erzkonservativer Präsident im Iran:Der Westen reagiert mit Zurückhaltung und Kritik

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Nach dem Sieg des Hardliners Muhmad Ahmadinedschad hat die EU an den neuen Präsidenten appelliert, die Atomgespräche fortzusetzen. Außenminister Fischer sprach von "erheblichen Mängeln" bei der Wahl, ähnliche Töne kamen aus London und Washington. Ahmadinedschad erklärte unterdessen, er wolle seinem Volk "ehrlich dienen".

Für dieses Ziel arbeite er, egal ob "als Präsident, Bürgermeister oder Straßenfeger". Der 49 Jahre alte Wahlsieger erklärte, er wolle für mehr soziale Gerechtigkeit sorgen. Ahmadinedschad punktete im Wahlkampf mit seinem Versprechen, den Armen mehr Wohlstand zu bringen.

Irans neuer Präsident nach seinem Sieg (Foto: Foto: dpa)

Trotz des Ölreichtums des Landes herrscht eine hohe Arbeitslosigkeit und ein starkes Gefälle zwischen Arm und Reich.

Mit strengeren islamischen Gesetzen will der bisherige Bürgermeister der Hauptstadt Teheran auch einer zunehmend westlichen Orientierung der Gesellschaft entgegensteuern.

Ahmadinedschad: Bisher zu viele Geständnisse an Westen

Ahmadinedschad hatte vor seiner Wahl kritisiert, die iranischen Unterhändler machten Deutschland, Frankreich und Großbritannien in den Gesprächen zu viele Zugeständnisse. Er verwies auf die Aussetzung des Programms zur Anreicherung von Uran.

Der 49-jährige ist bislang außenpolitisch unerfahren und setzte sich beim Stichwahlentscheid mit 61,8 Prozent überraschend gegen den moderaten Kleriker Akbar Haschemi-Rafsandschani durch, für den nur 37 Prozent stimmten. Ahmadinedschad gilt als Gegner der Reformpolitik des scheidenden Staatspräsidenten Mohammed Chatami.

Ahmadinedschads Gegenkandidat, Rafsandschani, der reichste Mann Irans, war dagegen weder mit seinem Vorhaben einer Öffnung des Landes in Richtung Westen noch mit seiner liberal ausgerichteten Wirtschaftspolitik angekommen.

Bundesaußenminister Joschka Fischer schrieb in einem Beitrag für Bild am Sonntag, es habe "erhebliche Mängel" bei der Wahl gegeben. Die künftige Zusammenarbeit werde entscheidend davon abhängen, "wie es Iran gelingt, international Vertrauen zu erwerben und sich weiter zu öffnen".

Fischer bemängelte den Ausschluss zahlreicher Kandidaten von der Wahl und verlangte vom Iran zudem "objektive Garantien" dafür, dass dessen Atomprogramm ausschließlich für friedliche Zwecke genutzt werden könne.

Fischer: Zivilgesellschaft kann sich auf Deutschland verlassen

Die Bundesregierung gehe davon aus, dass die Gespräche zwischen Iran und Frankreich, Großbritannien, Deutschland und dem EU-Außenbeauftragten Javier Solana fortgesetzt würden.

Deutschland werde sich gemeinsam mit den europäischen Partnern weiter "für die Achtung der Menschenrechte, die Garantie bürgerlicher Freiheiten, die Durchsetzung der verfassungsmäßig verankerten Grundrechte sowie der Frauen- und Minderheitenrechte, Freiheit für politische Gefangene und die Stärkung der demokratischen Institutionen einsetzen".

Ausdrücklich wandte sich der Grünen-Politiker auch an die iranische Zivilgesellschaft: Sie könne "auch künftig auf die volle Unterstützung der Bundesregierung zählen", versicherte er.

Köhler gratuliert

auch Bundespräsident Horst Köhler gratulierte Ahmadinedschad zu seinem neuen Amt. Deutschland sei gemeinsam mit seinen europäischen Partnern bereit, die Zusammenarbeit mit dem Iran auszubauen, schrieb Köhler dem Wahlsieger. "Dies wird durch Fortschritte im Dialog über Demokratie und Menschenrechte, über die Nichtverbreitung von Massenvernichtungswaffen und Terrorismusbekämpfung sowie nicht zuletzt über das iranische Nuklearprogramm positiv beeinflusst werden", fügte Köhler hinzu.

Großbritannien forderte Ahmadinedschad auf, auf die Bedenken der internationalen Gemeinschaft hinsichtlich des Atomprogramms einzugehen. Außenminister Jack Straw sagte, er hoffe, dass unter Ahmadinedschads Führung auch der internationalen Sorgen wegen der iranischen Haltung gegenüber Terrorismus, Menschenrechten und dem Friedensprozess im Nahen Osten Rechnung getragen werde.

Großbritannien und seine europäischen Verbündeten wollten sich darum bemühen, in diesen Bereichen eine Bewegung beim Iran zu erreichen, damit das Land "auf seinen ihm zustehenden Platz in der internationalen Gemeinschaft" zurückkehre.

Die Sprecherin des US-Außenministeriums, Joanne Moore, deutete in einer ersten Reaktion an, dass der Wahlsieg Ahmadinedschads nichts an der kritischen Haltung der USA gegenüber dem Iran ändern werde.

Russland bietet Zusammenarbeit bei Atomtechnik an

Der russische Präsident Wladimir Putin gratulierte Ahmadinedschad zu seinem Wahlsieg und sicherte dem Iran eine Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Atomtechnik zu. In einem Brief an Ahmadinedschad schrieb Putin, die Kooperation werde über die Fertigstellung des Reaktors in der iranischen Hafenstadt Buschehr fortgesetzt.

Russland hat seine Zusammenarbeit mit dem Iran verteidigt, Teheran aber gleichzeitig aufgefordert, sich den Regeln der internationalen Gemeinschaft zu unterwerfen.

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