Erbschaftssteuer:Die CSU bewegt sich doch

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Im Streit der Koalition um die Erbschaftssteuer ist ein Kompromiss in Sicht. CSU-Chef Seehofer will sich bei den Verhandlungen mit Finanzminister Schäuble auf eine Minimalforderung beschränken.

Von Cerstin Gammelin, Wolfgang Wittl, Berlin/München

Nach zähem Ringen um die Reform der Erbschaftsteuer zeichnet sich zwischen den Koalitionspartnern von CSU, CDU und SPD ein Kompromiss ab. Wie die Süddeutsche Zeitung am Dienstag aus Verhandlungskreisen erfuhr, hat Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) die Verhandlungsführer von CSU und SPD, Horst Seehofer und Sigmar Gabriel, für Donnerstagvormittag in sein Büro eingeladen, um den Deal zu besiegeln. Es ist das zweite Treffen binnen weniger Tage. Eine Einigung käme gerade noch rechtzeitig vor dem am Nachmittag im Bundeskanzleramt geplanten Gipfel der Ministerpräsidenten der Länder mit Angela Merkel. Der Gipfel soll nach den anhaltenden koalitionsinternen Streitigkeiten endlich ein Signal der Einigkeit aussenden. Man hoffe, das Thema Erbschaftsteuer bis zum Nachmittag abgeräumt zu haben, verlautete aus dem Finanzministerium.

Bayerns Ministerpräsident Seehofer zeigte sich am Dienstag im Landtag in München verhalten optimistisch. "Entweder es geht, oder es geht nicht." Nachdem er dem Bundesfinanzminister jüngst vorgeworfen hatte, unfähig zu sein, eine zustimmungsfähige Steuerpolitik zu organisieren, zeigte er sich umgänglich. Schäuble sei eben "ein nicht einfacher Mensch". Ein Mitglied der bayerischen Staatsregierung ergänzte, dass man bei Schäuble erst an Einigung glauben könne, "wenn sie notariell besiegelt ist".

Dass es am Donnerstag gelingen könnte, dafür spricht vor allem, dass sich Seehofer und die bayerische Wirtschaft bewegt haben. Der CSU-Chef hatte hochrangige Wirtschaftsvertreter in der vergangenen Woche in die Staatskanzlei nach München eingeladen, um - nach dem Motto "Wir haben vieles erreicht, können aber nicht alles durchsetzen" - eine Linie für die abschließenden Gespräche in Berlin abzustimmen. Die Wirtschaftsverbände, so verlautete danach, hätten sich kompromissbereit gezeigt, weil sie die Sorge umtreibe, dass es ohne Einigung noch schlimmer kommen könnte. Es gelte: "Das Erreichte sichern und größere Schäden abwenden". Außerdem gelte der Deal nur für ein Jahr. Bayerns Finanzminister Markus Söder möchte im Bundestagswahlkampf die Regionalisierung der Erbschaftsteuer durchsetzen.

Es ist ein Versprechen, das hilft, die Unternehmen zu beruhigen, und das gleichzeitig Seehofer den Segen für die Berliner Gespräche erteilt. Der CSU-Chef ist offenbar zu Zugeständnissen bei den Nachweispflichten für eine Steuerbefreiung bereit. Ursprünglich hatte er diese Befreiung für Betriebe mit fünf Vollzeitstellen gefordert, jetzt dürfen es wohl auch nur vier sein. Profitieren würde immer noch die große Mehrheit der Unternehmen vom Handwerksbetrieb bis zur Bäckerei, die von aufwendigen Bürokratievorschriften befreit würden. Und die SPD? Sie beharrt darauf, das Aufkommen an der Erbschaftsteuer zu steigern. Was nach Auskunft aus Verhandlungskreisen der Union "kein Problem" ist. Der gesichtswahrende Deal könnte also so aussehen: Seehofer gewinnt als Anwalt der meisten Firmen. Gabriel sorgt über höhere Steuerzahlungen von großen Firmen für mehr Gerechtigkeit. Und Schäuble kann dem Bundesverfassungsgericht, das die Bundesregierung überhaupt erst mit der Reform beauftragt hat, Vollzug melden.

Schon vorab beigelegt haben Bund und Länder ihren Streit um einen anderen Punkt der Gipfelagenda: Wie sie die Kosten aufteilen, die bei der Integration bestätigter Asylbewerber entstehen. Die Länder stimmten dem Angebot des Bundes zu, die Kosten der Unterkunft für bestätigte Asylbewerber komplett zu übernehmen. Wie aus der Beschlussvorlage weiter hervorgeht, ist der Bund bereit, einmalig in diesem Jahr den Zuschuss für unbegleitete Minderjährige von jährlich 350 Millionen Euro auf eine Milliarde Euro zu erhöhen. Eine weitere Milliarde gesteht Schäuble den Ländern bei der Endabrechnung der tatsächlichen Flüchtlingskosten bis 30. September 2016 zu. Offen ist noch, ob er die von den Ländern geforderte einmalige Integrationspauschale zahlt.

© SZ vom 15.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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