Entlastung der Bürger:Wettlauf der Wohltäter

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Parteien und Verbände übertreffen sich mit Vorschlägen, um die Bürger zu entlasten. Die einen wollen Steuern senken, die anderen Sozialabgaben.

Michael Bauchmüller

Die Bundesbürger können sich offenbar in den kommenden Jahren auf Entlastungen einstellen - die Frage ist nur, auf welche. Nachdem die CSU unlängst Pläne für eine radikale Steuersenkung vorgestellt hatte, übertrafen sich Parteien und Verbände während der Pfingsttage mit Vorschlägen über Art und Umfang der Entlastung.

Höhenflug der Benzinpreise: Pünktlich zu Beginn der Pfingstferien haben sich die Autofahrer wieder mal über die Ölindustrie geärgert. (Foto: Foto: dpa)

Streit könnte es vor allem darüber geben, ob eher Steuern gesenkt werden sollen oder Sozialabgaben, etwa für Renten- oder Arbeitslosenversicherung. Letzteres wollen insbesondere Sozialdemokraten und Grüne - während CSU-Pläne für niedrigere Steuern Rückhalt in der CDU fanden.

SPD-Chef Kurt Beck kündigte am Wochenende an, seine Partei wolle für niedrigere Sozialabgaben und eine Konsolidierung der Haushalte eintreten. Die SPD arbeitet derzeit an einem "Zukunftskonzept", dessen Eckpunkte sie Ende Mai vorlegen will - gewissermaßen in Erwiderung auf die CSU-Steuerpläne.

Auch Grünen-Chef Reinhard Bütikofer plädierte für eine Senkung der Sozialabgaben. So solle die volle Abgabenlast erst ab einem Einkommen von 2000 Euro gelten. Dies entlaste vor allem Arbeitnehmer mit geringen Einkünften. Anders als bei der Einkommensteuer gibt es bei den Sozialabgaben keine Freibeträge. Die Beiträge zu Sozialversicherungen werden vom ersten Euro an voll fällig.

Derweil nahm das erste Kabinettsmitglied Abstand von den Haushaltszielen der Bundesregierung. Es sei falsch, das Ziel eines ausgeglichenen Haushalts "isoliert über alles andere zu stellen", sagte Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) dem Berliner Tagesspiegel.

Die Bundesregierung strebt bis 2011 einen ausgeglichenen Bundeshaushalt an. Kanzlerin Angela Merkel hatte dieses Ziel erst kürzlich bekräftigt, auch Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) kalkuliert entsprechend. Die CSU bekräftigte aber, sie wolle "mehr Netto für alle", also eine Steuersenkung ohne Erhöhungen an anderer Stelle.

"Sobald sich mit der Konsolidierung des gesamtstaatlichen Haushalts Spielräume ergeben, muss man sie nutzen, um die Leistungsträger zu entlasten", forderte Glos. Die Sozialabgaben seien bereits erheblich gesenkt worden, jetzt seien die Steuern dran.

Das CSU-Paket würde die Steuereinnahmen um insgesamt 28 Milliarden Euro senken. Rückhalt dafür erhielt die CSU auch von Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU). Der Staat müsse sich auf Kernaufgaben konzentrieren, um Spielräume für Steuersenkungen zu erlangen.

Wirtschaftsverbände spendeten am Wochenende Beifall. "Wir fordern, dass von dem, was die Arbeitgeber zahlen, mehr Netto in den Taschen der Arbeitnehmer ankommt", forderten die Chefs der vier Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft in einer gemeinsamen Erklärung. Ob dies durch eine Senkung der Steuern oder der Abgabenlast geschehen soll, ließen sie offen.

Die Bundesregierung müsse dafür sorgen, "dass die Menschen sich vom Staat wieder angemessen behandelt fühlen", schrieben die Verbandschefs. Einer von ihnen, Handwerkspräsident Otto Kentzler, forderte die Halbierung des Solidaritätszuschlags. Statt bislang 5,5 Prozent solle der Aufschlag auf die Einkommen- und Körperschaftsteuer nur noch 2,75 Prozent betragen. Ohnehin komme er nur noch zur Hälfte seinem eigentlichen Zweck zugute, der Förderung Ostdeutschlands.

Das Bundesfinanzministerium wies derweil Forderungen zurück, auch die deutschen Autofahrer müssten von Steuern entlastet werden. Angesichts hoher Spritpreise hatten vor allem FDP-Politiker und Automobilverbände eine Senkung der Mehrwertsteuerlast gefordert. FDP-Parteivize Rainer Brüderle hatte sogar die Abschaffung sowohl der Öko- als auch der Kraftfahrzeugsteuer gefordert. Vertreter des Finanzministeriums warnten jedoch davor, die Spritsteuern zu senken.

Zwar sei die Energiesteuer mit jährlichen Einnahmen von etwa 40 Milliarden Euro die wichtigste Verbrauchsteuer. Gleichzeitig rege sie aber zu geringerem Verbrauch an, weshalb die Einnahmen sänken. Außerdem sei die Ökosteuer seit 2003 nicht mehr erhöht worden. Einen ganz neuen Vorschlag verfolgt Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD): In der Bild-Zeitung forderte er die Wiedereinführung der Pendlerpauschale - für Geringverdiener.

© SZ vom 13.05.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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