Empörung über Rushdies Ritterschlag:Da bleibt uns nur die Bombe

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Im Ritterschlag für den Schriftsteller Salman Rushdie sieht die muslimische Welt in Iran und Pakistan einen "Beleg für die anti-islamische Haltung führender britische Beamter" - und äußert unverhohlene Drohungen gegen das Königreich.

Ijoma Mangold

18 Jahre ist es her, seit Ajatollah Chomeini eine Fatwa gegen den Verfasser der "Satanischen Verse", Salman Rushdie, verhängt hat.

Anti-britische Demonstration in Lahore: Von offizieller Seite in Iran und Pakistan tut mal alles, damit die Wut auf den Straßen hochkocht. (Foto: Foto: AFP)

Jahrelang musste sich Rushdie, von Scotland Yard geschützt, verstecken. Sein japanischer Übersetzer, Hitoshi Igarashi, zahlte mit dem Leben für sein literarisches Engagement. Ettore Caprioli, Rushdies italienischer Übersetzer, und William Nygaard, sein norwegischer Verleger, überlebten nur knapp Mordanschläge.

Das fiel in eine Zeit, in der der "Clash of civilisations" noch nicht mit derselben Dringlichkeit auf der Tagesordnung stand wie heute. In westlichen Intellektuellenkreisen schlug man sich damals keineswegs durch die Reihe auf die Seite des 1947 in Indien geborenen, seit seinem 16. Lebensjahr in England lebenden Schriftstellers. Der Werteuniversalismus von Kunst- und Redefreiheit sei selbst ein Machtmittel des westlichen Imperialismus, argumentierten die Kulturrelativisten und äußerten Verständnis für die verletzten Gefühle der muslimischen Welt.

1998 nahm die iranische Regierung die Fatwa zurück. Doch jetzt geht erneut eine Welle der Empörung durch die muslimische Welt, seit Königin Elisabeth II. an diesem Wochenende Salman Rushdie, der seit einigen Jahren in New York lebt, zum Ritter geschlagen hat (SZ vom 18. Juni). Einen "Beleg für die anti-islamische Haltung führender britischer Beamter" sah darin ein Sprecher des iranischen Außenministeriums.

Schon werden in der islamischen Hemisphäre wieder Bildnisse des Schriftstellers und die britische Flagge verbrannt. Von offizieller Seite in Iran und Pakistan tut man alles, damit die Wut auf den Straßen hochkocht. Es ist nicht auszuschließen, dass der Ritterschlag der Königin für einen Untertan der britischen Krone, einen Staatsbürger Großbritanniens notabene, zu vergleichbaren internationalen Verwerfungen führen wird wie der dänische Karikaturen-Streit vor zwei Jahren. In Teheran und Islamabad ist man offensichtlich gewillt, jeden Anlass zur Eskalation zu nutzen.

"Wenn wir uns das bieten lassen, machen wir uns zum Gespött der Welt"

Der pakistanische Minister für religiöse Angelegenheiten, Idschas ul Hak, erklärt herausfordernd, der Westen frage sich doch immer, worin die Wurzeln des Terrorismus lägen. Um sodann genau "solche Aktionen" wie den Ritterschlag für Rushdie als deren Wirkursache anzuführen. Und wie eine zweite, diesmal weltliche Fatwa klingen seine Worte: "Wenn sich jemand mit Bomben an seinem Körper in die Luft jagt, so handelt er richtig, solange sich die britische Regierung nicht entschuldigt und den Ritterschlag für Salman Rushdie zurücknimmt."

Und er rät allen muslimischen Staaten, ihre diplomatischen Beziehungen zu Großbritannien abzubrechen. Auch das pakistanische Parlament, immerhin ein Hauptbündnispartner im Kampf gegen den Terrorismus, will nicht tatenlos erscheinen und spricht davon, 1,5 Milliarden Muslime seien erneut beleidigt worden.

Als 1989 die Fatwa gegen Rushdie verhängt wurde, mochte es manchem lediglich wie ein tragischer Einzelfall erscheinen. Aus dem Rückblick aber sieht man darin den ersten Akt jener kulturell-religiösen Konfrontation, die spätestens seit dem 11. September die Weltpolitik auf Trab hält. Man darf also gespannt sein, zu welcher Haltung die westliche Welt diesmal findet.

Der Zeit-Redakteur Jörg Lau schreibt mit einiger Schärfe in seinem Blog: "Islamische Organisationen in Europa - die im Fall des Muslim Council of Britain dummerweise jahrelang von der Regierung als Dialogpartner gepäppelt wurden - hetzen unisono mit Iran und Pakistan gegen einen europäischen Intellektuellen. Wenn wir uns das bieten lassen, machen wir uns zum Gespött der Welt."

© SZ vom 20.6.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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