Elterngeld:Vaterschaft macht sich bezahlt

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Der Streit war kurz, aber heftig. Nun ist sich die Koalition doch einig: Väter sollen für zwei Monate Kind pur belohnt werden.

Jens Schneider

Selbst CSU-Generalsekretär Markus Söder konnte ein Grinsen nicht unterdrücken, als er seine Formel präsentierte. Und unter den Journalisten, die ins Willy-Brandt-Haus zur Pressekonferenz gekommen waren, löste sie lautes Spottgelächter aus.

Denn für alle war offenkundig, dass es sich bei dieser Rechnung um eine Art politischen Taschenspielertrick handelte.

Und doch sollte sich diese Rechnung als die etwas drollige Zauberformel erweisen, mit der CDU und CSU und die SPD den bisher wohl größten Streit in der großen Koalition abwenden konnten.

Söders Formel lautet schlicht: "Zwölf minus zwei ist eine Sanktion. Zwölf plus zwei ist ein Bonus."

Mit ihrer Hilfe haben die drei Koalitionspartner den erbitterten Streit über die so genannten Vätermonate beim geplanten Elterngeld gelöst. An ihr hätte das Projekt der großen Koalition scheitern können.

Nach den ursprünglichen Plänen des Koalitionsvertrags, wie sie Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) umsetzen wollte, sollte das Elterngeld mindestens zehn Monate gezahlt werden, wenn Vater oder Mutter das Kind betreuen. Weitere zwei Monate Elterngeld sollte es geben, wenn der Partner beim Kind bleibt.

Vor allem die CSU lehnte dies als Versuch ab, die Väter zum Dienst am eigenen Kind zu zwingen. Man dürfe Eltern, die den Weg nicht gehen wollten, nicht bestrafen.

CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer mokierte sich über das "Wickelvolontariat". Weil aber auch das CSU-Präsidium grundsätzlich das Elterngeld unterstützte, regte die CSU an, die Vätermonate als einen Bonus zu bezeichnen.

Und es wurden zwei Monate draufgelegt, sodass es nun für ein Jahr gezahlt wird, plus weitere zwei Monate, wenn der Partner für diese Zeit beim Kind bleibt.

Von der Grundlogik her hat sich dadurch gar nichts geändert. Auch nach diesem Modell bekommen vom Januar 2007 an nur jene Paare das volle Elterngeld, bei denen Vater und Mutter für einige Zeit daheim bei ihrem Kind bleiben. Das wollte die CSU im Grunde genommen verhindern.

Aber weil immerhin ihr Kompromissvorschlag angenommen wurde, zeigte sich Söder genauso heiter wie SPD-Generalsekretär Hubertus Heil und Ronald Pofalla von der CDU über den "entscheidenden Systemwechsel in der Familienpolitik", so der Christdemokrat.

Fast gleich lautend sprach Sozialdemokrat Heil von einem "Paradigmenwechsel" - ein Kernanliegen sozialdemokratischer Familienpolitik werde umgesetzt.

Von der Leyen freute sich und sprach von einem "guten Tag für die jungen Familien in Deutschland". Ohne Gesten des Triumphes präsentierte sie die Einzelheiten ihres Entwurfs.

Freilich konnte auch die Ministerin nicht ein Kichern unterdrücken, als sie nach dem Unterschied zwischen der Zwölf-plus-zwei und der Zehn-plus-zwei-Regelung gefragt wurde.

"Nein", antwortete sie lachend, "den gibt es nicht".

Wie im Koalitionsvertrag vereinbart, sollen Eltern, die bei ihrem Kind bleiben, 67 Prozent ihres Nettogehalts, maximal 1800 Euro monatlich erhalten. Der Bezug des Elterngeldes kann auf zwei Jahre aufgeteilt werden.

Alleinerziehende können das Elterngeld volle 14 Monate in Anspruch nehmen. Auch Empfänger von Arbeitslosengeld II werden diesen Sockelbetrag maximal 14 Monate bekommen, ohne dass er auf ihre Sozialleistung angerechnet wird.

Erziehungsgeld fällt weg

Dabei fällt das Erziehungsgeld in der gleichen Höhe von 300 Euro freilich weg.

Es wird bisher maximal zwei Jahre gezahlt. Das bedeutet, dass manche Eltern zumindest im zweiten Jahr schlechter gestellt sein werden.

Vor allem die CSU hatte zunächst gefordert, dass die Einkünfte aus dem Arbeitslosengeld II angerechnet werden, während die SPD sich dagegen in den Vorgesprächen vehement zur Wehr setzte. "Damit haben wir uns gegen die CSU durchgesetzt", freute sich die SPD-Familienpolitikerin Kerstin Griese.

Womit das eigentliche Wunder dieser Lösung zu untersuchen wäre. Obwohl das Gesetz gegenüber den ursprünglichen Plänen weitaus großzügiger ausgestaltet wird, soll es den Haushalt von Finanzminister Peer Steinbrück keineswegs höher belasten, sondern wie geplant exakt 3,85 Milliarden Euro kosten.

Die Koalition nutzte dafür gleich zwei Tricks.

Der erste Trick: Eltern eines Kindes bekommen auch dann einen Teil des Elterngelds, wenn sie nebenbei arbeiten; wer jedoch mehr als 30 Stunden in der Woche berufstätig ist, hat keinen Anspruch auf Elterngeld, auch nicht auf den Sockelbetrag von 300 Euro.

Der zweite Trick: Das Finanzamt soll auch das Elterngeld um Familieneinkommen hinzu addieren, wenn es den Steuersatz festlegt. Dieser höhere Steuersatz wird anschließend auf jenen Teil des Einkommens drauf geschlagen, der vom berufstätigen Partner stammt. Das Elterngeld selber muss nicht versteuert werden.

© SZ vom 3.5.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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