Elektronischer Personalausweis:Schlimme Finger

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Der geplante neue Personalausweis weckt die Angst vor einer Totalerfassung - es könnten Groß-Dateien entstehen, die nicht nur die Begehrlichkeiten staatlicher, sondern auch privater Stellen und von Kriminellen wecken würden.

Heribert Prantl

Für den Pass ist schon alles geregelt: Vom 1. November an muss jeder, der einen neuen Reisepass will, seine zwei Zeigefinger auf einen Scanner legen; derzeit werden die Behörden mit 18000 solcher Geräte ausgerüstet. Die gescannten Abdrücke werden an die Bundesdruckerei in Berlin übermittelt und auf einem Chip im Deckel des Passes gespeichert.

Ein Gerät zur biometrischen Identifizierung: Der von der Koalition geplante elektronische Personalausweis soll Fingerabdrücke enthalten. (Foto: Foto: ddp)

Das Innenministerium hat versichert, dass es bei den zwei Fingern bleibt und dass es nicht die ganze Hand will - so wie in den USA, wo alle zehn Finger gespeichert werden. Ein digitalisiertes Bild enthalten deutsche Pässe schon seit dem Jahr 2005.

Bei heftigen rechts- und innenpolitischen Diskussionen über das neue Passgesetz wurde erst vor wenigen Monaten das ursprüngliche Vorhaben verhindert, diese biometrischen Daten zentral zu speichern, sie abrufbereit und dem polizeilichem Zugriff jederzeit offen zu halten.

Das Argument, das schließlich auch die SPD (aber nicht die CDU/CSU) überzeugte, lautete: Man kann mit dem unbescholtenen Bürger nicht wie mit einem Verbrecher umspringen. Das neue Passgesetz gibt nun den Online-Zugriff auf die Passbilder nur für die Polizeibehörde frei, die für den Meldeort zuständig ist. Ein Staatsspeicher für die Fingerabdrücke existiert nicht.

Nun aber kommt die alte Diskussion, kommen die alten Begehrlichkeiten wieder hoch - diesmal, noch heikler, für den Personalausweis. Auf dem geplanten elektronischen Personalausweis, den es, scheckkartengroß, ab Ende 2009 geben wird, sollen nach den Plänen der Fachpolitiker von Union und SPD unsichtbar auch die digitalisierten Abdrücke des rechten und linken Zeigefingers gespeichert werden. Der elektronische Personalausweis ist Teil des vom Bundeskabinett vor einem Jahr beschlossenen Programms zur Modernisierung der Bundesverwaltung.

Der Ausweis soll, im Zuge dieser Verwaltungsmodernisierung, auch einen PIN-Code enthalten, damit künftig via Internet Verwaltungsangelegenheiten erledigen werden können, etwa das Ummelden eines Autos; dieser PIN-Code, so heißt es, könne auch private Geschäfte, etwa das Online-Banking, einfacher und sicherer machen. Der Bundesdatenschutzbeaufragte Peter Schaar hält diesen Code "grundsätzlich für eine gute Idee".

Wenn Daten da sind, werden sich auch genutzt

Gegen die geplante Speicherung der Fingerabdrücke dagegen läuft er Sturm: Er befürchtet "eine Totalerfassung aller Fingerabdrücke". Es könnten Groß-Dateien entstehen, die nicht nur die Begehrlichkeiten staatlicher, sondern auch privater Stellen und von Kriminellen wecken würden. Es ist in der Tat ein Erfahrungssatz: Wenn Daten da sind, werden sie auch genutzt und missbraucht.

Einen Pass braucht man nur für große Reisen, man muss sich also keinen ausstellen lassen; der Digitalisierung kann man so entgehen. Der Besitz eines Personalausweises dagegen ist für jeden Deutschen über 16 Jahre Pflicht. Deshalb ist mittels elektronischem Fingerabdruck und digitalisiertem Bild tatsächlich eine Gesamterfassung fast aller strafmündigen Bürger möglich. Das macht die Bedenken, welche die Datenschützer schon beim elektronischen Pass hatten, noch akuter.

Ausgangspunkt für die Speicherung von biometrischen Daten in Ausweispapieren waren rot-grüne Koalitionsvereinbarungen in den Jahren 2001 und 2002. Damals wurde gefeixt, die Grünen hätten die "Biometrie" nur deshalb für sinnvoll gehalten, weil darin das Wort "Bio" vorkommt.

© SZ vom 23.9.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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