Elektronische Lohnsteuerkarte:Zentrale Steuernummer stößt auf Kritik

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Datenschützer und Opposition greifen die Regierungspläne an, alle Angaben zur Lohnsteuer zentral zu sammeln. Der Datenschutz werde ausgehebelt, sagt zum Beispiel FDP-Politiker Solms.

Die geplante Zentraldatei aller steuerpflichtigen Arbeitnehmer stößt bei Opposition und Datenschützern auf Kritik. Auch aus den Regierungsfraktionen kommen einschränkende Stimmen.

Ausfüllen einer Steuererklärung (Archivbild) (Foto: Foto: dpa)

Grundsätzlichere Vorbehalte äußerte der FDP-Politiker Hermann Otto Solms. "Wenn dieses Vorhaben so umgesetzt wird, werden die Grundelemente des Datenschutzes ausgehebelt. Es gibt in Deutschland ja nicht umsonst das Steuergeheimnis, nach dem nur das Finanzamt ein Recht darauf hat, Steuerdaten einzusehen", sagte Solms der in Kassel erscheinenden Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen.

Problematisch sei, dass auch Arbeitgeber Zugang zu den Daten bekommen sollten. "Es entsteht eine riesige Datenbank über das Arbeitsleben jeden Bürgers, die nicht gegen den Zugriff von außen, aber auch nicht gegen den übermäßigen Zugriff durch den Staat geschützt ist."

"Gefahr des Missbrauchs ist groß"

Auch die finanzpolitische Sprecherin der Grünen, Christine Scheel äußert Bedenken. Durch die geplante elektronische Speicherung der Steuerdaten dürfe es nicht zu einer Aufhebung der informationellen Selbstbestimmung kommen, sagte sie der Nachrichtenagentur AFP. Um den Schutz der sensiblen Daten sicherzustellen, forderte sie "eine strenge Zweckbindung und die gesetzliche Festschreibung von Verwertungsverboten."

Der Präsident des Steuerzahlerbundes, Karl Heinz Däke, warf der Koalition vor, Finanzämtern und anderen Behörden einen großen Spielraum für den Zugriff auf sensible Daten zu verschaffen. "Die Gefahr des Missbrauchs und der Einschränkung des Steuergeheimnisses ist so groß wie nie zuvor", sagte Däke der Leipziger Volkszeitung.

"In jedem Fall muss der Bürger wissen, was der Staat über ihn weiß und was der Staat mit diesem Wissen macht. Erst dann kann der Bürger dem Staat vertrauen."

Datensammlungen wecken Begehrlichkeiten

Auch der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar sieht angesichts der Menge von sensiblen Daten "noch eine Reihe von offenen datenschutzrechtlichen Fragen", wie ein Sprecher der Berliner Zeitung sagte. Kritisch werde vor allem die Speicherung der Religionszugehörigkeit gesehen, da diese Information besonders schutzbedürftig sei.

Der Berliner Datenschutzbeauftragte Alexander Dix sagte im RBB, die vorgesehene zentrale Datei über jeden einzelnen Steuerpflichtigen bringe erhebliche Risiken mit sich. Es müsse sichergestellt werden, dass Dritte - etwa auch weitere Behörden - keinen Zugriff bekämen.

"Alle Datensammlungen, die zentral eingerichtet werden, wecken Begehrlichkeiten bei einer Vielzahl von Institutionen." Es gebe viele unbeantwortete Fragen, die im Gesetzgebungsverfahren dringend geklärt werden müssten.

Der Finanzexperte der Unionsfraktion, Georg Fahrenschon (CSU), sagte, man müsse die Bedenken der Datenschützer berücksichtigen. "Wir werden sicherstellen, dass da keine neue Sammelwut der Behörden entsteht", sagte der Unions-Finanzexperte Georg Fahrenschon (CSU) der Süddeutschen Zeitung. Man müsse die Bedenken der Datenschützer berücksichtigen.

Auch der CDU-Steuerexperte Otto Bernhardt sagte: "Da müssen wir noch genau über die Zugriffsrechte reden."Problematisch ist aus Sicht der Unionspolitiker, dass eine bundesweite Zentraldatei entstehen soll. "Wir müssen darüber reden, ob die Daten nicht auch in den Ländern gesammelt werden können", sagte Fahrenschon.

Keine Gefahr für ehrliche Bürger

Der Vorsitzende des Bundestags-Finanzausschusses, Eduard Owald (CSU), wies die Kritik zurück. Der Vorwurf, durch die Einführung der zentralen Steuernummer entstehe der gläserne Bürger, sei durch nichts gedeckt, sagte er der Augsburger Allgemeinen. Der Zugang zu den zentral gespeicherten Daten sei eng begrenzt. "Der steuerehrliche Bürger braucht keine Sorgen zu haben."

Auch der Vorsitzende der Deutschen Steuer-Gewerkschaft, Dieter Ondracek, wies die Kritik zurück. "Das Finanzamt erfährt ja künftig auch nicht mehr als heute schon", sagte er der Frankfurter Rundschau.

Die zentrale Steuerdatei mache es nur "leichter, Einnahmen oder Einkünfte, die bisher verschwiegen wurden, Personen oder Unternehmen zuzuordnen".

Steuernummer soll Lohnsteuerkarte ablösen

Der Entwurf von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) für eine elektronische Zentraldatei aller steuerpflichtigen Arbeitnehmer ist Teil des Jahressteuergesetzes 2008, das das Bundeskabinett am heutigen Mittwoch beschließen will. Bis 2011 soll eine Dauer-Steuernummer die Lohnsteuerkarte ablösen. Beim Neueintritt in eine Firma würde der Arbeitnehmer dem Unternehmen die Nummer nennen, und die Firma könnte die Lohnsteuer-Daten aus der Zentraldatei abrufen.

Zu den Informationen, die in der zentralen Datei gespeichert werden sollen, gehören die Daten zum Ehepartner und zu den Kindern, zur Religionszughörigkeit sowie zu Steuerklassen und Freibeträgen. Das Ministerium versichert, dass nur ein bei der Finanzverwaltung beglaubigter Arbeitgeber die Lohnsteuer-Daten abrufen könne.

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