Einbürgerung:Dreisprung zum Deutschsein

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Das Rezept der Hessen-CDU zur deutschen Staatsbürgerschaft lautet: Kurs plus Test plus Eid. Nur verschreiben darf sie das eigentlich nicht.

Heribert Prantl

Seit ein paar Tagen kleben in Hessen (dort sind am Sonntag Kommunalwahlen) CDU-Plakate zur Einbürgerung von Ausländern. Sie fordern drei Voraussetzungen: Kurs plus Test plus Eid.

Wie wird man Deutscher? Fragen über Fragen! (Foto: Foto: ddp)

Im Grundgesetz, im Zuwanderungsgesetz und im Staatsbürgerschaftsgesetz steht von einem solchen Dreisprung vor der Einbürgerung nichts; auch nichts von Fragebögen, Prüfungen, Schrift- und Diktatproben, wie sie von diversen Bundesländern jetzt propagiert und eingeführt werden.

Ist das Staatsbürgerschaftsrecht, das zur ausschließlichen Gesetzgebungskompetenz des Bundes gehört, auf einmal Landesrecht geworden?

Ist das die vorweggenommene Föderalismusreform? Oder ist das die praktizierte Erinnerung an den Landtagswahlkampf von 1999, den die hessische CDU unter Roland Koch damals mit einer Unterschriftenkampagne gegen die seinerzeit von Rot-Grün in Berlin geplante Doppelstaatsbürgerschaft gewonnen hat?

Soll, will, kann nun auf einmal jedes Land für sich und jeweils anders regeln, wie man Deutscher wird? Zur Führung eines akademischen Titels, der an einer ausländischen Universität erworben wurde, wird verlangt, dass diese Uni in Klammern hinter dem Titel angegeben wird.

Soll das künftig so ähnlich bei der deutschen Staatsbürgerschaft geschehen - gibt es also künftig den Deutschen (Bayern) und den Deutschen (Berlin)?

Das Bundesgesetz gibt dem Ausländer einen Anspruch auf Einbürgerung, wenn er "seit acht Jahren regelmäßig seinen Aufenthalt im Inland hat" und verlangt, dass der Neubürger sich zur freiheitlichen Grundordnung "bekennt" und über "ausreichende" Deutschkentnisse verfügt.

Bundesrecht wird freilich, so steht es in Artikel 83 Grundgesetz, durch die Länder ausgeführt. Das ist die rechtliche Basis, auf die sich die Fragebogen-Länder berufen.

Unerreichbar hohe Hürden

Es sei nun einmal ihre Sache, wie sie das Bekenntnis zur Grundordnung und wie sie Sprachkenntnisse prüfen. Das stimmt, gibt den Ländern aber keinen Freibrief, sondern verpflichtet zu koordiniert-einheitlichem Verfahren.

Eine Ausführung des Bundesrechts, die dieses konterkariert und die Rechtsprechung der höchsten Gerichte missachtet, widerspricht dem Grundsatz der Bundestreue.

An der Bundestreue bei der Ausführung des Staatsbürgerschaftsrechts kann man schon länger zweifeln: Das neue Recht von 1999/2000 wollte Einbürgerung erleichtern. Was ist passiert? Die Zahlen haben sich seitdem halbiert.

Gegen einen Eid auf die Verfassung ist in der Sache wenig zu sagen. Dagegen, dass die Hürden für die Einbürgerung unerreichbar hoch gelegt werden, schon.

Wenn ein durchschnittlicher Deutscher die Tests kaum schafft, dann sind sie als Einbürgerungsvoraussetzung Schikane und Verstoß gegen elementare Regeln der Demokratie.

Wer auf Dauer hier lebt, arbeitet, Steuern zahlt, wer hier seine Heimat gefunden hat - der muss dazugehören, weil sonst Demokratie nicht funktioniert. Staatsbürgerschaft ist ein demokratisches Grundnahrungsmittel.

© SZ vom 24.3.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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