Durchbruch bei Verhandlungen in Zypern:"Brandenburger Tor" von Nikosia wird geöffnet

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Die beiden politischen Führer Zyperns wollen über die Wiedervereinigung der Insel verhandeln - und haben den guten Willen mit einem symbolischen Akt untermauert.

"Ich kann es kaum glauben", reagierte ein grauhaariger Bewohner von Nikosia begeistert auf die Ankündigung, dass einer der wichtigsten Übergänge auf der geteilten Mittelmeerinsel Zypern demnächst wieder geöffnet werden soll.

Der neue zyprische Präsident Christofias (links) und der politischen Führer von Nordzypern Talat (Foto: Foto: dpa)

Die freudige Nachricht kam nach einem Treffen am Freitag zwischen den Führern der griechischen und der türkischen Volksgruppen, Dimitris Christofias und Mehmet Ali Talat. Sie erklärten ihre Absicht, in drei Monaten wieder formelle Gespräche über eine mögliche Wiedervereinigung aufzunehmen.

Zudem solle so bald wie möglich eine wichtige Straße im Zentrum der geteilten Hauptstadt Nikosia in beide Richtungen geöffnet werden. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) begrüßte die Einigung als "ermutigendes Zeichen".

Positiv waren auch erste Reaktionen der örtlichen Medien: "Es wurde ein Fenster zum Frühling geöffnet", meinte die griechisch-zyprische Zeitung Phileleftheros auf ihrer Internetseite. Die türkisch-zyprische Zeitung Afrika schrieb: "Die beiden Politiker hatten uns in den vergangenen Jahren gesagt, wenn sie an die Macht kommen würden, dann würden sie das Zypernproblem ganz schnell lösen. Sie sind nun dran: Löst das Problem also!"

Die Bewohner Nikosias freuen sich nun erst einmal über die bevorstehende Beseitigung der Grenzanlage im Herzen des alten Teils der Hauptstadt. Die Öffnung des von den Bewohnern "Brandenburger Tor" genannten Übergangs löst das Zypernproblem zwar nicht. Sie ist aber von hoher politischer Bedeutung, weil die bislang gesperrte Ledras-Straße als Symbol der Teilung der Insel gilt.

Der 54 Jahre alte Andreas Stylianou aus dem griechischen Teil Nikosias erinnert sich: "Ich spielte vor 40 Jahren als Kind mit einigen türkischen Zyprern auf der anderen Seite der Straße." Die Erwartungen auf beiden Seiten der Demarkationslinie für eine Lösung sind auf jeden Fall groß. Die türkischen Zyprer wollen endlich alle Vorteile des EU-Beitrittes der Inselrepublik genießen. Die griechischen Zyprer hoffen auf ein Ende der Besetzung des Nordteils der Insel durch türkische Truppen.

Diplomaten warnen jedoch vor allzugroßer Begeisterung. "Gespräche zur Überwindung der Teilung fangen fast immer so an. Sie sind bislang jedoch immer gescheitert", sagte ein UN-Diplomat hinter vorgehaltener Hand im alten, seit 1974 geschlossenen Flughafen von Nikosia, wo das Treffen Christofias-Talat stattfand.

Und auch Talat selbst goss ein wenig Wasser in den Wein: "Wir haben nicht über die Lösung gesprochen. Wir haben über das Verfahren (das zur Lösung führen könnte) gesprochen", meinte er - um Optimisten auf beiden Seiten zu bremsen, die bereits mit einem endgültigen Durchbruch gerechnet hatten.

Zypern ist seit einem Staatsstreich griechisch-zyprischer Nationalisten und einer anschließenden türkischen Militärintervention 1974 geteilt. Die "Türkische Republik Nordzypern", die 1983 einseitig ihre Unabhängigkeit proklamierte, wird nur von Ankara anerkannt. Völkerrechtlich ist die ganze Insel seit 2004 Mitglied der EU, doch findet deren Regelwerk in dem von türkischen Truppen besetzten Norden keine Anwendung.

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