Duma-Wahl:Putin mobilisiert seine Anhänger

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Russlands Präsident betreibt Werbung in eigener Sache - entgegen ursprünglichen Versprechen.

Daniel Brössler

Unter dem Sakko trägt der Präsident einen Pulli, die Krawatte hat er zu Hause gelassen. Dynamisch will Wladimir Putin wirken bei seinem Auftritt in einer Moskauer Sporthalle. Händeschüttelnd schreitet er durch die Menge. Es ist eine Veranstaltung, die es eigentlich gar nicht geben sollte. Noch vor einigen Wochen hatte der Kreml versichert, Präsident Wladimir Putin werde selbstverständlich keinen Wahlkampf im eigentlichen Sinn betreiben. "Auftritte auf Wahlkampfveranstaltungen wird es nicht geben", sagte damals ein Sprecher.

Wladimir Putin. Die Opposition will "einen schwachen, kranken Staat, eine desorientierte, gespaltene Gesellschaft." (Foto: Foto: AP)

Putin und seine Berater haben es sich anders überlegt. Womöglich aus Furcht vor einer niedrigen Beteiligung sind sie zur Einsicht gelangt, dass frische Bilder gebraucht werden von Putin im Kreise seiner jubelnden Anhänger. Diese freilich sind handverlesen. Die Sporthalle im Moskauer Stadtteil Luschniki darf am Mittwoch nur betreten, wer im Besitz einer offiziellen Einladung ist.

"Wir sind gekommen, um unsere Unterstützung für den Präsidenten und seinen Kurs zu zeigen", sagt Jelena Sladina, eine junge Frau aus Wolgograd, einer Reporterin des Radiosenders Echo Moskwy. Begeistert fährt sie fort: "Wir sind mit ihm, wir glauben an ihn. Wir unterstützen ihn am 2. Dezember und danach."

Am 2. Dezember wird in Russland ein neues Parlament gewählt, doch interessant wird es in der Tat erst danach. Die russische Verfassung verbietet dem Präsidenten mehr als zwei ununterbrochene Amtszeiten. Putin darf demnach bei der Präsidentenwahl nicht antreten, hat aber klargemacht, dass er die Geschicke des Landes auch künftig mitbestimmen will.

Vor Beginn der Schau in der Sporthalle wird das Gerücht verbreitet, eine "Überraschung" sei zu erwarten. Manche glauben daher, Putin werde sein Rezept zum Machterhalt offenbaren.

Putin kritisiert die Opposition"

5000 sind gekommen, um ihren Präsidenten und "nationalen Führer" zu sehen, wie sie Putin mittlerweile nennen. Es sind vornehmlich junge Leute, zumeist Anhänger der antiwestlichen Jugendorganisation Naschi (Die Unsrigen). Als Putin schließlich auf sein Podest hinter das Mikrophon tritt, liefert er alles, was seine Anhänger von ihm erwarten. Aber keine Überraschungen.

Scharf attackiert Putin die Gegner seiner Partei Einiges Russland: "Sie wollen einen schwachen, kranken Staat, eine desorientierte, gespaltene Gesellschaft." Die von ihm entmachteten Oligarchen würden nach "Revanche" dürsten. Nach einer Rückkehr an die Macht würden sie sich "die Taschen vollstopfen". Während der Amtszeit Putins hatten einige Oligarchen das Land verlassen müssen.

Michail Chodorkowskij, einst reichster Mann des Landes, verbüßt eine achtjährige Haftstrafe im fernen Osten Russlands. Die meisten in den neunziger Jahren aufgestiegenen Wirtschaftsbosse blieben aber unbehelligt, sofern sie sich mit dem Kreml arrangierten. Der Umfang der Korruption hat in Russland mehreren Untersuchungen zufolge seit Beginn der Herrschaft Putins zugenommen.

"Wenn wir den jetzigen Kurs fortsetzen", verspricht Putin in der Sporthalle, "und das Wirtschaftswachstum halten, dann kann Russland innerhalb von zehn Jahren zu den fünf größten Volkswirtschaften der Welt gehören". Nötig dafür sei ein Sieg bei der Parlamentswahl und der Präsidentenwahl.

Nach Ansicht der oppositionellen Union der Rechten Kräfte (SPS) dürfte Putin bei der Duma-Wahl indes gar nicht kandidieren, weil er hierfür sein Amt missbraucht. Eine Klage der Partei wies das Oberste Gericht aber ab.

© SZ vom 22.11.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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