Drogen-Verdacht:Drei Päckchen Pulver und ein brisanter Verdacht

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Nach Hausdurchsuchung und Haartest will sich der Moderator Michel Friedman noch nicht zu Drogenermittlungen gegen ihn äußern.

Cathrin Kahlweit

Es muss schon etwas Besonderes vorfallen, wenn Michel Friedman mittags nicht im Restaurant Charlot an der Frankfurter Oper sitzt und sich vom Chefkoch seine Lieblingsspaghetti zubereiten lässt. Aber am Donnerstag bleibt sein Platz leer; der Fernsehmoderator und Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland ist nicht zu sprechen.

Am Tag zuvor hatten Polizisten seine Büros und seine Wohnung durchsucht und drei Päckchen mit Resten eines weißen Pulvers gefunden. Nun steht der prominente Fernsehmann im Verdacht, Kokain zu nehmen - und die Republik hat ein neues Sommerthema: Stürzt Michel Friedman ab, ist seine Karriere zu Ende?

Andererseits muss mehr als eine Hausdurchsuchung passieren, damit ein Profi wie er seine Fernsehsendung "Friedman" in der ARD absagt; also plauderte er am Mittwochabend scheinbar ungerührt auf dem Studiosofa mit Peter Scholl-Latour. Friedman habe sich nichts anmerken lassen, sagt der alte Kriegsreporter später fast bewundernd.

Friedman schweigt und schweigt

Dann taucht Friedman wieder ab; seine Sekretärin in der Anwaltskanzlei ruft am Donnerstagmorgen halb lachend, halb verzweifelt: "Selbst mit mir redet er nicht". Sein Anwalt, Eckart Hild von der Frankfurter Kanzlei Jones Day, hat dem Mann, der sonst so gern im Rampenlicht steht, Stillschweigen verordnet.

Und so vermischen sich an diesem heißen Sommertag Gerüchte und Gewissheiten: Die Berliner Staatsanwaltschaft war, soviel ist bestätigt, in einem anderen, in Berlin anhängigen Verfahren auf den Namen Friedmans gestoßen und hatte daraufhin ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Die Frankfurter Kollegen wurden nicht informiert, vermutlich, um im kleinen Frankfurt die Chance auf Geheimhaltung zu erhöhen.

Am Mittwoch standen Polizisten im Büro Friedmans in der Fürstenberger Straße, wo seine überraschte Sekretärin allein die Stellung hielt, und bei Friedman daheim im zweiten Stock eines unscheinbaren Hauses im Westend. Der Hausherr sei anwesend - und sichtbar bedrückt - gewesen, heißt es. Nun müsse, so der Berliner Justizsprecher Björn Retzlaff, das Material, das in den Päckchen gefunden wurde, erst einmal chemisch untersucht werden.

Haartest soll Klärung bringen

Zwei Tüten waren dem Vernehmen nach fast leer, in einem hätten sich Reste eines weißen Stoffes befunden. Auch Haare Friedmans würden nun auf Drogenkonsum getestet, die Probe sei am Mittwoch entnommen worden. Bis zum Ende der Untersuchung wolle man sich nicht weiter zum Verdacht des Drogenmissbrauchs äußern.

Friedman muss, das ist aus Kreisen der Frankfurter Staatsanwaltschaft zu hören, seit längerem im Visier der Ermittler gewesen sein. Angesichts von Ermittlungsakten, in denen sein Name bereits aufgetaucht sei, habe man sich über die jüngste Entwicklung "nicht gewundert." Die Zeitung Die Welt meldet, ein Frankfurter Dealer habe den Talkmaster schon einmal als Kunden benannt; die Ermittlungen seien damals aber ohne Ergebnis eingestellt worden.

Hat ein Dealer Friedmans Namen genannt?

Steffen Ufer, Münchner Rechtsanwalt, ist als Verteidiger des einstmals kokainsüchtigen Musikers Konstantin Wecker mit dem Thema gut vertraut. Er vermutet, dass es sich bei dem Berliner Ermittlungsverfahren, das die Staatsanwaltschaft jetzt auf Friedmans Spur brachte, auch um eine Drogensache handelt; womöglich habe ein Dealer geredet oder Friedmans Name sei bei einer Telefonüberwachung gefallen.

"Wegen ein paar Gramm, die einer in der Disco kauft, wird nicht ein solches Verfahren losgetreten." Besitz und Konsum von Kokain sind strafbar; dennoch gilt die Partydroge als schick. Prominente wie Melanie Griffith oder Jamie Lee Curtis wurden damit ebenso erwischt wie Johnny Depp und Charlie Sheen. 50 Gramm des weißen Pulvers, das psychisch abhängig macht, kosten je nach Qualität zwischen 1500 und 3000 Euro.

Liiert mit Moderatorin Bärbel Schäfer

In letzter Zeit war es etwas stiller geworden um den 47-jährigen Friedman, der mit der Fernsehproduzentin Bärbel Schäfer liiert ist. Seine Sendung in der ARD verlor langsam aber stetig an Quote, und parteipolitisch hatte sich das CDU-Mitglied, das wegen des hessischen Spendenskandals zur Saar-CDU übergewechselt war, ebenfalls stark zurückgehalten.

Er versuchte, sich als Präsident des Europäischen Zentralrats der Juden zu profilieren und überließ die Führung des deutschen Zentralrats weitgehend Paul Spiegel. Als Wirtschaftsanwalt spielte er nach Auskunft von Frankfurter Kollegen in Deutschland keine erkennbare Rolle.

Diesen Rückzug aus den Schlagzeilen stoppte vor etwa einem Jahr der kürzlich verstorbene Jürgen W. Möllemann, der ihm Mitverantwortung für den Antisemitismus in Deutschland zuschrieb. Friedman keilte zurück - und polarisierte stark, wie auch sein Counterpart Möllemann.

Moderations-Jobs aufs Eis gelegt

Am Donnerstag bat Friedman den Intendanten des Hessischen Rundfunks Helmut Reitze, ihn bis zur Klärung der Vorwürfe von seinen Aufgaben als Moderator zu entbinden. Reitze stimmte dem zu, erklärte der Sender.

"Damit ist aber noch keine Vorentscheidung über die Zukunft der beiden Sendereihen gefallen", betonte Reitze. Paul Spiegel vom Zentralrat der Juden in Deutschland stellte sich vor Friedmann. "Das ist eine reine Privatangelegenheit. Ich habe weiterhin das allergrößte Vertrauen in die hervorragende Arbeit meines Freundes und Stellvertreters", sagte Spiegel.

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